Villa dei Papiri

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Als Villa dei Papiri (italienisch: "Villa der Papyri") oder auch Pisonenvilla wird eine große antike Villenanlage bei Herculaneum bezeichnet. Sie wurde 1750 von dem schweizer Archäologen Karl Weber entdeckt und liegt etwa 250 m von der eigentlichen Stadt entfernt. Weber erforschte die Villa, die von etwa 20 m vulkanischem Schlamm bedeckt ist, durch ein Tunnelsystem von 1750 bis 1765. Weitere Ausgrabungen, die u. a. zeigten, dass die Villa auf der Meerseite vier terrassenförmig angelegte Stockwerke besaß, wurden bis 1997 durchgeführt.

Abgesehen vom Umfang der Anlage liegt die archäologische Bedeutung der Villa dei Papiri in der dort gefundene (namengebenden) einzigartigen Bibliothek. Ferner wurden in der Villa zahlreiche Kunstwerke aus Bronze gefunden, die sich jetzt im Archäologischen Nationalmuseum Neapel befinden.

Die Villa wurde vermutlich im 1. Jahrhundert v. Chr. von Lucius Calpurnius Piso Caesoninus erbaut, der als Schwiegervater von Gaius Iulius Caesar bekannt ist (nach anderen Auffassungen war der Erbauer Appius Claudius Pulcher, Consul 38 v. Chr.). Piso war ein großer Literaturliebhaber und legte in seiner Villa vermutlich jeweils eine griechische und eine lateinische Bibliothek an. Die bisher ausgegrabene griechische Bibliothek enthielt einen Raum mit etwa 2000 bei der Verschüttung der Villa verkohlten Papyrusrollen, deren Wert man erst später erkennen sollte. Heute werden die Rollen in der Nationalbibliothek in Neapel aufbewahrt.

Beim Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. wurden die Papyrusrollen durch Hitze karbonisiert und unter Asche begraben, wodurch sie zwar erhalten blieben, jedoch in einem sehr schlechten Zustand. Seit ihrer Entdeckung hat man sich darum bemüht, die verbackenen und verpressten Rollen vorsichtig aufzuwickeln und soweit wie möglich wieder lesbar zu machen. Erste Versuche, die Rollen zu öffnen führten zur Zerstörung der betreffenden Exemplare. Fortschritte wurden erst durch ein von Antonio Piaggio, einem Piaristenmönch an der Vatikanischen Bibliothek, erfundenes Verfahren gemacht.

Erste Ausgaben mit Kupferstich-Faksimile und Transkription der Texte erschienen ab 1793 (Herculanensium Voluminum quae supersunt Collection prior (1793-1855), Collectio altera (1862-1876)). Eine Faksimile-Ausgabe der Fragmente erschien in zwei Bänden 1824/25 (Hayter, Oxford).

In den letzten Jahren wurden von einer großen Zahl der Manuskripte multispektrale und mikrofotografische Aufnahmen gemacht. Die so gewonnenen Daten sollen in absehbarer Zeit auch online verfügbar gemacht werden.

Die bisher entzifferten Rollen enthalten Werke altgriechischer Philosophen, insbesondere des Epikureers Philodemos von Gadara. In ihrer Gesamtheit gilt die Bibliothek als die einzige erhaltene Bibliothek aus römischer Zeit.

Padre Antonio Piaggio

Die Arbeit der Lesbarmachung und philogischen Bearbeitung der Papyri wird heute von verschiedenen Institutionen und internationalen Projekten weitergeführt. Dazu gehören:

  • Biblioteca Nazionale di Napoli (seit 1910 Besitzer der Papyri) [1]
  • Centro Internazionale per lo Studio dei Papiri Ercolanesi "Marcello Gigante"
  • ISPART (Institute for the Study and Preservation of Ancient Religious Texts der Brigham Young University, Utah) [2]
  • Philodemus Project der UCLA, Kalifornien unter Leitung von David Blank

In den letzten Jahren gab es eine andauernde Kontroverse um eine Wiederaufnahme der Ausgrabungen in der Villa dei Papiri, die von zahlreichen Wissenschaftlern gefordert wird, um die möglicherweise noch vorhandenen weiteren Teile der Bibliothek (insbesondere die vermutlich vorhandene lateinischen Bibliothek) zu retten und die bedrohte Bausubstanz der Villa zu sichern. Der zuständige Denkmalpfleger weist dieses Ansinnen allerdings zurück.

Ein Nachbau der Villa wurde im kalifornischen Malibu für das J. Paul Getty Museum errichtet.


Literatur

  • Johann Joachim Winckelmann, Sendschreiben von den herculanischen Entdeckungen, hrsgg. v. St.-G. Bruer und M. Kunze, 1997
  • David Sider, The Library of the Villa dei Papiri at Herculaneum. Los Angeles: 2005. ISBN 0-89236-799-7.
    Bemerkungen (englisch)

Weblinks

Herculaneum Bilder

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