Römisches Reich

Die Expansion des Römischen Reiches

Rot = Römische Republik 510v. bis 40 v.Chr-
Lila = Römisches Reich 20 bis 360 n. Chr
Blau = Römisches Reich West 405 bis 480 n. Chr
gelb = Römisches Reich Ost 405 bis 480 n. Chr.

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Römisches Reich (lateinisch: Imperium Romanum) bezeichnet allgemein das von der Stadt Rom beherrschte Gebiet in der Zeit zwischen etwa dem 6. Jahrhundert v. Chr. und dem 5. bzw. 6. Jahrhundert n. Chr., wobei sich die Herrschaftsform im Laufe der Zeit von der Königsherrschaft zur Republik und schließlich zum Kaiserreich wandelte. In diesem Gebiet mit seinen vielen Völkern, Sprachen und Religionen breitete es sich als Staat, als Gesellschaftsform und als universalistische Idee aus (imperium sine fine – „grenzenloses Reich“). Eine eindeutige Abgrenzung ist jedoch weder zur vorrömischen Epoche noch zum Byzantinischen Reich möglich.

Zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung, zu Zeiten Kaiser Trajans, erstreckte sich das Römische Reich auf drei Kontinente: Über die Gebiete rund um das Mittelmeer, über Gallien und große Teile Britanniens und über die Gebiete rund ums Schwarze Meer (siehe auch Bosporanisches Reich). Damit beherrschte Rom den größten Teil der Gebiete, die damals im Mittelmeerraum überhaupt bekannt waren.

Der Handel, die Künste und die Kultur erreichten während der Zeit des Römischen Reiches in Teilen seines Gebietes eine erste Hochblüte, die damalige Lebensqualität und der damalige Bevölkerungsstand sollten in Europa und Nordafrika erst Jahrhunderte später wieder erreicht werden.

Das Reich übte einen großen Einfluss auf die von ihm beherrschten Gebiete, aber auch auf die Gebiete jenseits seiner Grenzen aus. In seiner östlichen Hälfte mischte sich dieser Einfluss mit griechisch-hellenistischen und orientalischen Elementen. Der Westen dagegen wurde latinisiert.

Latein, die Sprache bzw. Zunge Roms, wurde zur Amtssprache des Reichs, in Teilen von ihm blieben aber auch andere Sprachen erhalten. Die Sprache der Römer ist über Jahrhunderte in ganz Europa auch später noch die Sprache der Gebildeten gewesen, vor allem in der Wissenschaft, und zwar bis in die Zeit des Barock. In der Römisch-katholischen Kirche ist das Lateinische bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil die Sprache der Messe geblieben. Noch heute werden in vielen Wissenschaften, etwa in der Medizin und der Biologie, lateinische Fachausdrücke verwendet und neu geschaffen. Aus dem Lateinischen entstanden die modernen romanischen Sprachen Europas (Italienisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Rumänisch, sowie die etwas älteren Ladinisch und Rätoromanisch). Sehr viele lateinische Lehnwörter finden sich zudem in den germanischen und den slawischen Sprachen.

Vor allem das Rechts- und Staatswesen Europas, insbesondere das Zivilrecht, ist maßgeblich vom römischen Erbe geprägt.

Geschichtlicher Überblick

Die Geschichte des Römischen Reiches lässt sich grob in folgende sechs Phasen gliedern, die im Verlauf dieses Artikels genauer beschrieben werden; zu Details siehe die entsprechenden Verweise im Artikel (Beispiel: Prinzipat):

  1. Königszeit (753 v. Chr.–510 v. Chr.)
  2. Die Zeit der Republik (509 v. Chr.–133 v. Chr.)
  3. Zeit der Bürgerkriege (ab 133 v. Chr.)
  4. Prinzipat (Römische Kaiserzeit I, ab 27 v. Chr.)
  5. Spätantike, in der älteren Forschung auch Dominat (Römische Kaiserzeit II, ab 284 n. Chr.)
  6. Untergang des Reiches im Westen und Übergang zum Byzantinischen Reich im Osten (ab 395 n. Chr., noch zur Spätantike zu rechnen)

Römische Königszeit und frühe Republik

als Beginn der Zeitrechnung verwendet (ab urbe condita). Das Gebiet der Sieben Hügel dürfte allerdings schon wesentlich früher von verschiedenen Stämmen, vor allem Latinern und Sabinern, besiedelt gewesen sein. Aus den verstreuten Siedlungen verschiedener Stämme, darunter die Ramner, Titier und Lucerer, entstand schließlich Rom. Der neue Stadtstaat befand sich bald unter etruskischer Königsherrschaft; diese Phase seiner Entwicklung wird die Königszeit genannt. Obwohl das Gebiet Roms aus äußerst unfruchtbaren, zum Teil sumpfigen und sandigen Boden bestand und somit eine gewinnbringende Landwirtschaft nahezu ausgeschlossen war, gelangte Rom unter den Etruskern bald zu wirtschaftlicher Bedeutung, kontrollierte es doch zwei bedeutende Handelswege: die Via Latina und die Via Salaria. Auch die Einführung des uralten römischen Hafenzolls für Handelsgüter trug ihren Teil zum wirtschaftlichen Erfolg bei.

Verschiedene Legenden wollen die römische Königszeit mit der Geschichte von Troia verknüpfen. So sollen die überlebenden Troianer durch Aeneas, einen Sohn des Anchises und der Göttin Venus, nach einer langen Seefahrt ähnlich wie der des Griechen Odysseus in das Gebiet Latium geführt worden sein. Diese Sage verfasste jedoch erst der römische Dichter Vergil Jahrhunderte später.

Kulturell wurden die Römer stark von den Etruskern beeinflusst; über diese fanden auch griechische Elemente ihren Weg in die Stadt. Beispiele sind die etruskischen Zahlen, die griechisch-etruskische Schrift, aus der sich das Lateinische Alphabet entwickelte, die etruskische Vogelschau und das Begräbnisritual, das in den Gladiatorenkämpfen eine überzogene Spätblüte fand. Rom gewann in Italien zunehmend an Einfluss, nachdem es sich ca. 500 v. Chr. von der Herrschaft der Etrusker gelöst hatte. Der letzte aller römischen bzw. etruskischen Könige, Tarquinius Superbus (Tarquinius der Hochmütige), wurde vom römischen Volk unter der Führung von Lucius Iunius Brutus aus Rom vertrieben, laut Überlieferung, weil einer seiner Söhne eine Römerin namens Lucretia geschändet hatte. Das Jahr 509 v. Chr. ist jedoch wahrscheinlich spätere Erfindung, die sich an den Sturz der Peisistratiden in Athen um 510 v. Chr. anlehnen könnte. Wahrscheinlicher ist die Zeit um 475 v. Chr., zu der sich das ehemalige Königreich auch in die Römische Republik (Republik = res publica, „die öffentliche Sache“) umwandelte.

Es ist gar nicht so leicht, die Eigenart des römischen Staatswesens zu verdeutlichen. Es wuchs über die Jahre und änderte sich laufend. Polybios, ein griechischer Gelehrter, charakterisierte es als Mischung aus Monarchie (Magistratsämter wie Konsul), Adelsherrschaft (Senat) und Demokratie (Comitia). Das oberste Amt im Staat übte zuerst ein Prätor (prae-ire – der dem Heer vorangeht), später bekleideten es alljährlich zwei Konsuln, welche die oberste Regierungsgewalt hatten und auf der obersten Ebene des cursus honorum standen. Die römische Adelsversammlung, der Senat, spielte eine bedeutende Rolle. Daneben gab es mehrere Volksversammlungen, die Comitia, die ebenfalls wichtig waren, besonders in Fragen von Krieg und Frieden und in der Rechtsprechung. Als ersten einigermaßen festen Punkt in der römischen Geschichte kann man die Niederlegung des Zwölftafelgesetzes 451 v. Chr. sehen.

Einen zentralen Ort der römischen res publica stellt das Forum Romanum dar, das als politischer, religiöser und sozialer Ort der Zusammenkunft diente.

Damals bildete sich auch die römische Gesellschaftsordnung aus, die sich durch die Jahrhunderte nur langsam änderte. An der Spitze standen die alten Familien Roms, die landbesitzenden Patrizier, die politisch am einflussreichsten waren. Den größten Teil der Bevölkerung machten aber die Plebejer aus, die nur teilweise politische Rechte hatten, Sklaven wurden als Sachen betrachtet und hatten also keine Rechte, konnten aber die Freiheit erlangen. Die Beziehungen zwischen Patriziern und Plebejern wurden durch das Klientelsystem geregelt.

Zu den höchsten Ämtern des Staates, die den Trägern Ansehen versprachen (etwas, was in Rom entscheidend war), hat man anfangs nur Patrizier zugelassen, während alle freien Bürger Kriegsdienst leisten mussten. Nach den Ständekämpfen (etwa die bekannte secessio plebis), die um die 150 Jahre dauerten, wurden die Plebejer schließlich 367 v. Chr. politisch fast gleichberechtigt, dennoch gelang nur verhältnismäßig wenigen plebejischen Familien der Aufstieg in die Führungsschicht.

Rom begann mit einer gezielten Expansion in Mittelitalien (Eroberung von Veji 396 v. Chr.), musste dabei aber auch schwere Rückschläge verkraften. Hier gab es zunächst den Galliersturm von 387 v. Chr., der psychologisch seine Spuren hinterlassen sollte, sowie mehrere Niederlagen gegen italische Volksstämme. Es folgten die Samnitenkriege (1. 343–341 v. Chr.; 2. 326–304 v. Chr.; 3. 298–290 v. Chr.) und der Latinerkrieg (ca. 340–338 v. Chr.). Rom schuf schließlich ein weitverzweigtes Bündnisgeflecht. So wurden an strategisch wichtigen Orten Kolonien angelegt und Bündnisse mit mehreren italischen Stämmen geschlossen, die jedoch nicht das römische Bürgerrecht erhielten.

Aus dieser Zeit seiner Geschichte ging Rom als straffes Staatswesen mit schlagkräftiger Armee und starkem Drang zur Ausdehnung hervor. Damit waren die Grundlagen für seinen weiteren Aufstieg gelegt.

Konkurrierende Mächte stellten auf der italischen Halbinsel die Stadtstaaten der Etrusker nördlich von Rom, die Kelten in der Poebene und die griechischen Kolonien in Süditalien dar.


Der Aufstieg Roms – Expansion in Italien und im Mittelmeerraum

Im 3. Jahrhundert v. Chr. setzte sich Rom gegen die Samniten und andere italische Stämme durch. Nach und nach fiel die gesamte Halbinsel an Rom (außer Oberitalien, welches erst später annektiert wurde). Im Süden verleibte sich die Republik um 275 v. Chr. die dortigen griechischen Stadtstaaten ein, nachdem es gelungen war, den hellenistischen Condottiere Pyrrhus von Epiros abzuwehren. Mit dieser Expansion kam Rom allerdings in Konflikt mit der bisher Rom freundlich gesonnenen Handelsrepublik Karthago (im heutigen Tunesien), was zu den Punischen Kriegen führte.

Ersten Punischen Krieg (264–241 v. Chr.) brach Rom die Vereinbarung mit Karthago über die Aufteilung der Interessenzonen auf Sizilien und dehnte seinen Einflussbereich bis an die Grenze des karthagischen Machtbereichs aus. Nachdem Karthago, solcherart provoziert, die Römer von See aus angegriffen und geschlagen hatte, baute Rom seine Flotte aus, um der Seemacht Karthago erfolgreich entgegentreten zu können. Nach mehreren Rückschlägen und wechselhaftem Kriegsglück gelang es Rom schließlich, besonders auf Sizilien Fuß zu fassen und die karthagische Flotte mehrmals zu schlagen. Karthago verlor im Friedensvertrag alle seine sizilischen Besitzungen (später auch Sardinien und Korsika); fortan war es das Hauptziel der karthagischen Politik, die Folgen dieser Niederlage auszugleichen. Die einflussreiche karthagische Familie der Barkiden errichteten in Hispanien eine Art Kolonialreich, dessen Ressourcen für den Kampf gegen Rom eingesetzt werden konnte.

Zweiten Punischen Krieg (218–201 v. Chr.) gelang es dem karthagischen Strategen Hannibal beinahe, Rom in die Knie zu zwingen, wobei als Kriegsgrund die Belagerung und Eroberung der griechischen Kolonie Saguntum durch Hannibal diente, die mit Rom „verbündet“ war. Nach dem Fall Saguntums und der Weigerung der Regierung in Karthago, Hannibal auszuliefern, folgte die römische Kriegserklärung. Hannibal nahm den Landweg durch das südliche Gallien, überquerte die Alpen und fiel mit einem Heer in Italien ein, wobei er mehrere römische Armeen nacheinander vernichtete. Besonders die Niederlage bei Cannae (216 v. Chr.) war schmerzhaft für die Römer: Es handelte sich um die schwerste Niederlage in der römischen Geschichte, doch gelang es Hannibal nicht, das Bündnissystem Roms in Italien zu zerstören, sodass Hannibal trotz seiner Siege weitgehend isoliert blieb. Der römische Feldherr Scipio setzte 204 v. Chr. nach Afrika über und besiegte Hannibal 202 v. Chr. bei Zama. Karthago verlor alle außerafrikanischen Besitzungen und seine Flotte. Es war als Machtfaktor endgültig ausgeschaltet, während Rom mit seiner neuen Provinz Hispanien zunehmend an Einfluss gewann.

Der Sieg über Karthago im 1. und 2. Punischen Krieg sicherte Roms Vormachtstellung im westlichen Mittelmeer. Neben seiner neuen Rolle als Seemacht trugen auch die eroberten Silberminen in Hispanien und die gewaltigen Reparationen, die Karthago zu leisten hatte, zu Roms neuem Reichtum bei. In die Zeit ab 200 v. Chr. fiel auch die Einmischung Roms in das Machtspiel der hellenistischen Großreiche: Dort waren die Großmächte nicht in der Lage gewesen, ein friedliches Zusammenleben zu erreichen. Es folgten Konflikte mit den Antigoniden, wobei Rom 200–197 v. Chr. in Griechenland gegen Philipp V. intervenierte, um den makedonischen Einfluss in Griechenland zurückzudrängen.

Auch gegen das hellenistische Seleukidenreich führte Rom Krieg. Auf ein Hilfegesuch kleinasiatischer Staaten hin kam es 192–188 v. Chr. zum Krieg gegen Antiochos III., in welchem Rom siegreich blieb. Antiochos musste auf einen Großteil seiner Besitzungen in Kleinasien verzichten. Rom wurde damit zur De-facto-Vormacht im östlichen Mittelmeerraum. Versuche Makedoniens, die alte Hegemonie wieder aufzurichten, führten zum Krieg. 168 v. Chr. wurden die Makedonen endgültig besiegt und ihr Königreich zerschlagen, 148 v. Chr. schließlich in eine römische Provinz umgewandelt. So erging es 146 v. Chr. auch Griechenland (ab 27 v. Chr. Provinz Achaea, vorher zu Makedonien) und der neuen römischen Provinz Africa nach der Zerstörung Karthagos, welches vor dem Dritten Punischen Krieg (150–146 v. Chr.) wieder an Macht gewonnen hatte.

Pergamon wurde durch Erbvertrag 133 v. Chr. zur römischen Provinz. Gleichen Status erhielt 64/63 v. Chr. das Restreich der Seleukiden, das nicht mehr lebensfähig war und von Pompeius, der eine Neuordnung des Ostens vornahm, zur Provinz Syria gemacht wurde. Nur das schwächelnde Ägypten der Ptolemäer, welches zu einem römischen Protektorat wurde, behielt seine Unabhängigkeit, ehe es im Jahre 30 v. Chr. ebenfalls im Römischen Reich aufging. An der Grenze des Partherreiches kam die römische Expansion zum Stehen, hier sollte Rom in den nächsten Jahrhunderten einen ebenbürtigen Gegner gefunden haben.

In den neuen Provinzen, vor allem in den reichen hellenistischen Küstenregionen, wurden in dieser Zeit von privaten „Gesellschaften“ (societates publicanorum) römischer Ritter und Patrizier die Steuern erhoben. Während sie einen Fixbetrag an den Staat abführten, konnten sie Mehreinnahmen behalten. Dies führte zu oftmals unmäßigen Steuern, die die Wirtschaft dieser Gebiete auslaugte und immer wieder zu Aufständen führte. Über das Ansehen dieser Steuerpächter erfährt man etwa in der Bibel (Zöllner). Infolge der römischen Erfolge stieg auch die Menge des zur Verfügung stehenden Münzgeldes dramatisch an, ebenso wie sich die Anzahl der Sklaven immer mehr erhöhte. Gerade die Sklaverei spielte im Rahmen der römischen Wirtschaft eine wichtige Rolle, wobei die Sklaven zu ganz unterschiedlichen Tätigkeiten herangezogen wurden, aber gleichzeitig die Möglichkeit bestand, dass sie ihre Freiheit zurückerlangen konnten.

So glänzend auch die außenpolitischen Erfolge Roms gewesen waren – im Inneren erodierte allmählich die republikanische Ordnung.


Die Revolutionszeit und die Bürgerkriege

Die Republik geriet seit der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. in eine innenpolitische Krise, die schließlich in die Epoche der Bürgerkriege mündete und mit dem Untergang der bisherigen Staatsform enden sollte. Hintergrund war zunächst der Ruf nach Reformen, vor allem im Agrarbereich. Die Römer pflegten einen Teil des im Krieg eroberten Landes in Staatsbesitz zu überführen und bedürftigen Bürgern zur Nutzung zu überlassen. Um Aneignung großer Agrargüter in den Händen einiger weniger zu vermeiden, war der Landbesitz offiziell auf 500 Iugera beschränkt worden. Dieses Gesetz konnte jedoch nicht durchgesetzt werden. Wohlhabende Bürger legten sich riesige Landgüter zu. Dies wurde spätestens zu dem Zeitpunkt zum Problem, als praktisch alles Land innerhalb Italiens verteilt war und gleichzeitig immer mehr Sklaven infolge der siegreichen Kriege ins Land strömten. Die Kleinbauern und Handwerker aus der Schicht der Plebejer konnten mit dem durch die zahlreichen Kriege stetig anwachsenden Sklavenheer nicht konkurrieren. Gleichzeitig waren sie durch die zahlreichen Kriege außerhalb Italiens zu langer Abwesenheit gezwungen, was den Erhalt des heimischen Hofes weiter erschwerte. Die Großgrundbesitzer hingegen vergrößerten ihren Landbesitz durch den Kauf unprofitabler Höfe oder auch durch gewaltsame Vertreibungen. Die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führte zu Landflucht und erheblicher Unzufriedenheit.

Andere Gruppen von Plebejern, die im Handel zu Reichtum gekommen waren, verlangten nach mehr Rechten. Die nach den Brüdern Tiberius Gracchus und Gaius Gracchus benannte Gracchische Reform sollte die Grundbesitzverhältnisse reformieren und den ärmeren Schichten der Bevölkerung zu Land und Einkommen verhelfen. Die Reform scheiterte allerdings am Widerstand der konservativen Senatskreise, der zugrundeliegende Konflikt blieb weiter bestehen: die Popularen, die Vertreter der Plebejer und Kleinbauern, und die Optimaten, die konservative Adelspartei, bekämpften sich gegenseitig, um ihre jeweilige Politik durchzusetzen. Beide Gracchen wurden ermordet, Straßenkämpfe und politische Morde standen an der Tagesordnung. Auch machten sich innere Spannungen im Bündnissystem Roms bemerkbar, sodass es 91–89 v. Chr. zum so genannten Bundesgenossenkrieg kam. Am Ende wurde das römische Bürgerrecht auch den Bundesgenossen verliehen. Im Anschluss daran kam es 88 v. Chr. zur berüchtigten Vesper von Ephesus: Nach der Ermordung Zehntausender römischer Siedler in Kleinasien zog Rom in den Krieg gegen Mithridates von Pontos und besiegte ihn nach mehrjährigen Kämpfen.

Diesen Ereignissen folgte der Beginn des römischen Bürgerkriegs, in dem sich wieder Popularen und Optimaten gegenüber standen (Marius, Cinna, Sulla). Sulla blieb siegreich und errichtete die Diktatur, doch hatte diese Lösung keinen wirklichen Bestand, zumal Sulla bald zurücktrat und die alten Kräfte sich wieder bekämpften. Die Krise der Republik wurde durch das (erste) Triumvirat verdeutlicht: der ehrgeizige Gaius Iulius Caesar (der zwischen 59 v. Chr. und 51 v. Chr. im so genannten Gallischen Krieg Gallien unterwerfen sollte), der erfolgreiche Militär Gnaeus Pompeius Magnus (der im Osten grandiose Erfolge gefeiert hatte und unter anderem die Reste des Seleukidenreichs beseitigt hatte) und der reiche Marcus Licinius Crassus gingen ein informelles Bündnis ein, um sich in ihren jeweiligen Interessen zu unterstützen. Nach dem Tod des Crassus in einem Feldzug gegen die Parther rangen die einstigen Freunde Caesar und Pompeius um die Macht im Staat (49–46 v. Chr.), wobei sich Pompeius auf die Seite des Senats stellte. Caesar obsiegte. Nur durch seine Ermordung wurde verhindert, dass sich die Republik in eine Diktatur verwandelte.

Nach der Ermordung Caesars im Jahre 44 v. Chr. gelang es den Anhängern der Republik nicht, die alte republikanische Verfassung wiederherzustellen. In dem Bürgerkrieg, der nun wieder ausbrach, setzte sich schließlich Octavian, der spätere „Augustus“, gemeinsam mit Marcus Antonius gegen die Verschwörer Brutus und Cassius in der Schlacht bei Philippi durch. Später wandten sich die beiden gegeneinander, Octavian ging aus der Schlacht bei Actium als Sieger über Marcus Antonius und die ihn unterstützende Kleopatra hervor (31 v. Chr.). Damit fiel auch das reiche Ägypten an Rom und blieb für Jahrhunderte die „Kornkammer des Reiches“. Somit war der gesamte Raum um das Mittelmeer (lat. mare nostrum) in römischer Hand.


Die frühe Kaiserzeit (Prinzipat)

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Octavian zielte wie Caesar auf eine Alleinherrschaft. Doch anders als Caesar versuchte Octavian dieses Ziel nicht durch das Mittel einer außerordentlichen Diktatur zu erreichen. Octavian ließ vielmehr die alte republikanische Verfassung formal in Kraft und sicherte seine Position durch die Übernahme verschiedener Ämter, durch die Übertragung von Sondervollmachten und vor allem durch die Übernahme eines mehrjährigen Kommandos über wichtige Provinzen mit zahlreichen Legionen. Den alten senatorischen Adel konnte Octavian zu einer Anerkennung seiner Herrschaft bewegen, zumal die wichtigsten republikanisch gesinnten Familien bereits ausgeschaltet waren. Der Senat sah in Octavian den „Ersten Bürger des Staates“ (Princeps). Die von Octavian begründete Verfassung, die sich in wesentlichen Punkten von der alten republikanischen Verfassung unterscheidet, nennt man deshalb auch Prinzipat. Octavian selbst erhielt im Jahre 27 v. Chr. vom Senat den Titel „Augustus“ (der Erhabene).

Auch in der Kaiserzeit blieben viele Einrichtungen der res publica erhalten: etwa der cursus honorum, der Senat, die Provinzverwaltung und die Priestertümer (pontifex maximus war allerdings der Kaiser). Allerdings wurden diese Ämter von politischen Entscheidungspositionen mehr oder weniger zu reinen Verwaltungsämtern. Die Gesellschaftsordnung der Republik begann sich zu verändern, indem seit Augustus Angehörige neuer Schichten, insbesondere aus Italien und den Provinzen, in die nach wie vor herausgehobenen Stände der Senatoren und besonders der Ritter (equites) aufstiegen. Die Kaiser hatten das Recht, Ritter zu ernennen, was eine gewisse Durchlässigkeit der sozialen Schranken bewirkte. (Sie konnten auch den ehrenvollen Rang eines Patriziers an plebejische Senatoren vergeben.) Daneben war es nun auch für Nichtbürger Roms einfacher, das Bürgerrecht zu erlangen.

Das Imperium Romanum beherrschte zu diesem Zeitpunkt bereits den gesamten Mittelmeerraum. Auch der Westen und Süden Germaniens gehörte zum römischen Reich; die Expansion nach Nordosten, die unter Augustus eingeleitet worden war, wurde erst durch die Varusschlacht im Jahre 9 gestoppt. Anschließend beschränkte sich Augustus auf die Sicherung der bestehenden Grenzen, an denen fast das gesamte, etwa 300.000 Mann zählende Berufsheer stationiert wurde. Seine Maßnahmen sollten denn auch erheblich dazu beitragen, den römischen Frieden (Pax Romana) zu festigen. In die Zeit des Augustus fallen viele wichtige Neuerungen, so wurde eine Volkszählung im gesamten Imperium durchgeführt, die die Zahl der römischen Bürger erfassen sollte. Ferner wurden auch in zahlreichen Provinzen sämtliche Einwohner erfasst, so etwa in Syrien (dies ist die in der Bibel erwähnte „Schätzung“). Straßen und Verkehrswege wurden ausgebaut, Wirtschaft und Kultur (augusteische Klassik) erlebten eine Blütezeit; die römische Kultur erreichte die Provinzen, deren Zahl zunahm. Trotz aller Maßnahmen zur Bewahrung alter römischer institutionen wurde schon zur Zeit des Augustus auch die Weiterentwicklung vom stadtzentrierten Staat der Stadt Rom zum Gesamtstaat weitergetrieben. Ein Zeichen dafür ist auch, dass Augustus seine Herrschaft zeitweise von Augusta Treverorum (heute Trier) ausübte und sich nicht an Rom als Herrschaftssitz gebunden fühlte. Sein Nachfolger verbrachte seine Regierungszeit sogar überwiegend in Capri. Die Institution des Princeps war demnach von Anfang an dermaßen abgesichert, dass die Herrscher die städtischen Institutionen, allen voran der Senat, aus dem noch die Attentäter Cäsars kamen, nicht direkt kontrollieren mussten.

Augustus’ Adoptivsohn und Nachfolger Tiberius, der menschlich als ein schwieriger Charakter galt und sich wohl innerlich noch als Republikaner fühlte, beschränkte sich während seiner Herrschaft auf weitgehend defensive Maßnahmen zur Sicherung der Grenzen. Sein Nachfolger Caligula gilt traditionell als das erste Beispiel für „Cäsarenwahn“, doch sieht man diesen Kaiser, der nur gut drei Jahre herrschte, heute vielfach differenzierter. Unter Claudius wurde Britannien dem Reich hinzugefügt, später folgte noch Thrakien, das aber schon vorher ein von Rom abhängiger Klientelstaat gewesen war. Der schlechte Ruf von Claudius’ Nachfolger Nero geht unter anderem auf nachträgliche, besonders christliche Beurteilung zurück, da er die ersten großen Christenverfolgungen einleitete. Allerdings wird Nero auch in den heidnischen Quellen negativ dargestellt, ähnlich wird er auch weitgehend in der modernen Forschung beurteilt, wobei ihm unter anderem die Vernachlässigung des Militärs vorgeworfen wird. Neros Tod beendete 68 das julisch-claudische Haus, das sich auf zwei der bedeutendsten römischen Geschlechter zurückführen konnte. Das Ende des julisch-claudischen Haus markiert eine Zäsur in der römischen Geschichte: Fortan sollte kaum noch ein Kaiser dem alten stadtrömischen Adel entstammen.


Die hohe Kaiserzeit

Nach den Wirren des Vierkaiserjahres traten die insgesamt erfolgreich regierenden Flavier die Herrschaft an, wobei Kaiser Vespasian im Jahre 70 einen Aufstand in Judäa durch seinen Sohn Titus niederschlagen ließ. Vespasian sanierte die Staatsfinanzen und sicherte die Grenze im Osten gegen die Parther ab. Als Vespasian, der auf eine insgesamt erfolgreiche Regierungszeit zurückblicken konnte, im Jahr 79 starb, folgte ihm Titus nach, dem allerdings nur eine sehr kurze Regierungszeit vergönnt war, in der es zu mehreren Katastrophen kam (Ausbruch des Vesuv sowie eine Seuchenepidemie), der Titus jedoch Herr wurde. Titus' Bruder Domitian trat 81 seine Nachfolge an. Er wird in den Quellen, beispielsweise bei Tacitus und Sueton, in düsteren Farben gezeichnet, da sein Verhältnis zum Senat gestört war, konnte aber durchaus Erfolge verbuchen und die Verwaltung effizienter gestalten. 96 brachte ihn jedoch eine Hofintrige zu Fall.

Die nachfolgende Zeit der Adoptivkaiser, die mit Nerva begann, wird allgemein als die Glanzzeit des Imperiums verstanden, sowohl kulturell als auch in Bezug auf die Machtstellung Roms. Die Kaiser nahmen meist Rücksicht auf die Befindlichkeit des Senats und hielten in der Regel an der Staatsordnung des Prinzipats fest. Seine größte Ausdehnung erreichte das Römische Reich unter Nervas Nachfolger Trajan im Jahre 117, wobei Trajan, der als erster Kaiser nicht aus Italien, sondern aus den Provinzen stammte (aus Hispanien), als optimus princeps gefeiert wurde, als „bester Kaiser“. Das Imperium erstreckte sich nach Trajans Dakerkriegen und den Feldzügen gegen die Parther von Schottland bis nach Nubien in Nord-Süd-Richtung und von Portugal bis nach Mesopotamien in West-Ost-Ausrichtung; allerdings mussten die Eroberungen östlich des Euphrats nach sehr kurzer Zeit wieder aufgegeben werden, da sie nicht zu halten waren. Unter dem gebildeten und hellenophilen Hadrian kam es nun zu einer inneren Konsolidierung des Reiches und zu einer zivilisatorischen, kulturellen und technischen Blüte, die die Ausbreitung des damals noch jungen, schon stark angewachsenen Christentums begünstigte. Er verlegte sich vor allem auf den Aufbau von effizienten Grenzbefestigungen (zum Beispiel der Hadrianswall in Britannien, oder die Befestigung und Begradigung der Ostgrenze). Allerdings werfen einige moderne Historiker dem Kaiser vor, die Reichsfinanzen zu stark belastet zu haben. In der Tat lassen sich erste Vorboten einer Wirtschaftskrise erkennen, die aber noch keine dramatischen Ausmaße annahm.

Um die Mitte des 2. Jahrhunderts, mit Beginn der Antoninischen Dynastie, schien das Imperium unter Antoninus Pius auf seinem Höhepunkt angelangt zu sein, doch traten unter dem „Philosophenkaiser“ Mark Aurel (161 bis 180) bereits die ersten Probleme auf. Es kam zu erbitterten Kämpfen mit verschiedenen germanischen Stämmen, besonders mit den Markomannen – wobei die Kämpfe mehrmals wieder ausbrachen, siehe Markomannenkriege –, während im Osten 161 die Parther angriffen; zudem schleppten die 166 siegreich aus dem Osten zurückkehrenden römischen Truppen eine Seuche in das Imperium ein, die so genannte „Antoninische Pest“. Neben der ernsthaften äußeren Bedrohung, welche die Ressourcen des Reichs bis an die Grenzen des Machbaren beanspruchte, machten sich im Inneren erste Zerfallserscheinungen bemerkbar. Nach dem Tod Mark Aurels, der gerade im Bereich der nördlichen Grenze vorläufige Erfolge verbuchen konnte, jedoch innere Reformen versäumte, kam es zu einer Reihe von weiteren Krisenereignissen, zumal sein Sohn Commodus offenbar nicht in der Lage war, dem Reich Sicherheit zu geben. Als er 192 ermordet wurde, folgte ein Bürgerkrieg.

Zu Beginn des 3. Jahrhunderts konnten die Severer die Lage stabilisieren; Septimius Severus, der sich 193 im Kampf um die Macht durchsetzte, war auch der erste aus Africa stammende Kaiser. Er konnte im Krieg gegen die Parther einige Erfolge verbuchen (Einrichtung der römischen Provinz Mesopotamien), im Inneren wuchs derweil die Macht der Militärs. Unter Caracalla wurde allen freien Bewohnern des Reiches, außer den dediticii (den militärisch Unterworfenen, die in einem besonderen Rechtsverhältnis zu Rom standen), das römische Bürgerrecht verliehen (Constitutio Antoniniana), was eine markante Zäsur in der Gliederung des römischen Staatswesens darstellte. Caracalla fiel, der bei Volk und Heer beliebt war, jedoch innerhalb des Senats und auch seiner eigenen Familie Feinde hatte, während seines Partherfeldzugs einem Attentat zum Opfer, und nach einer kurzen Zwischenzeit bestieg Elagabal den Thron, dessen Regierungszeit vom letztendlich gescheiterten Versuch geprägt war, die gleichnamige orientalische Gottheit zum Staatsgott zu erheben. 222 wurde der unbeliebte Elagabal ermordet und Severus Alexander versuchte vergeblich, sich im Krieg im Osten gegen die Sassaniden (siehe unten) und am Rhein gegen die Germanen zu bewähren. 235 wurde er von unzufriedenen Soldaten ermordet.

Es folgte nach dem eher unrühmlichen Ende der Severer die Reichskrise des 3. Jahrhunderts, in welcher sich die Soldatenkaiser dem Ansturm der Germanen an Rhein und Donau (besonders der Alamannen und der Goten) ausgesetzt sahen. Vor allem aber kam an der Ostgrenze zu schweren Kämpfen mit dem Neupersischen Reich der Sassaniden (seit 224), welche die Partherherrschaft beseitigt hatten (siehe dazu Römisch-Persische Kriege). Die Sassaniden sollten sich als ein gefährlicherer Gegner Roms erweisen, als es die Parther je gewesen waren: Der bedeutende Sassanidenkönig Schapur I. fiel mehrmals in Syrien ein und konnte dabei mehrere römische Heere besiegen. 260 fiel sogar Kaiser Valerian in seine Hand, welcher sein Leben in der Gefangenschaft beschloss – eine unvergleichliche Blamage für Rom. Während Rom im Osten verzweifelt bemüht war, die Provinzen Syriens und Kleinasiens zu halten, erodierte auch im Westen das Imperium. Die Statthalter in Provinzen, die das Kommando über mehrere Legionen in den Händen hielten, nutzten diese oftmals, um an die Macht zu gelangen. Dabei kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen den Usurpatoren und sogar zur Abspaltung einzelner Provinzen (besonders Galliens, siehe Gallisches Sonderreich), die aber unter Aurelian wieder rückgängig gemacht werden konnten. Andere Mächte versuchten, die Schwäche Roms für Eroberungen zu nutzen. So wurde etwa Palmyra, ein ehemaliger Verbündeter Roms gegen die Parther und später die Sassaniden, 272 unterworfen, nachdem es unter Zenobias Führung zeitweilig Teile der östlichen Provinzen Roms erobert hatte. Die Krise führte zu zahlreichen Veränderungen, betraf allerdings nicht alle Gebiete des Reiches im selben Ausmaß. Und es sollte schließlich noch einmal gelingen, den drohenden Verfall des Reiches abzuwenden.


Der Beginn der Spätantike

Mit Diokletian vollzog sich 284 der Übergang in die Spätantike, die von einer – im Gegensatz zur vorherigen Zeit – stärkeren Zentralisierung und Bürokratisierung sowie dem späteren Sieg des Christentums geprägt war. Diese Zeit sollte jedoch, im Gegensatz zu der älteren Forschung, keineswegs als eine reine Zerfallszeit begriffen werden, sondern vielmehr als eine Zeit des Umbruchs und der Transformation der antiken Mittelmeerwelt.

Diokletian reformierte die Verwaltung, die in einen zivilen und einen militärischen Sektor geteilt wurde, und schuf die so genannte Ordnung der Tetrarchie, wonach es zwei Senior-Kaiser (Augusti) mit jeweils einem Junior-Kaiser (Caesar; pl.: Caesares) geben sollte. Denn für einen Kaiser alleine war das Imperium schon längst unregierbar geworden, besonders da der Druck auf die Grenzen ständig anwuchs. Die Teilung der Provinzen und die Einführung der Diözesen und Präfekturen sollten die Verwaltung der Provinzen effizienter machen. Mit Höchstpreisverordnungen versuchte Diokletian auch den wirtschaftlichen Niedergang und die Inflation einzudämmen, die in dieser Zeit grassierten. Die sakrale Zementierung der Herrschaft des Kaisers (so nahm Diokletian den Beinamen Iovius nach dem Gott Jupiter an) sollte eine neuerliche Ausrichtung der Reichsbewohner auf den Staat und auf den Kaiser bewirken. Besonders die Christen empfand Diokletian als illoyal dem Reich gegenüber. Die letzten (und schwersten) Christenverfolgungen fanden denn auch in seiner Regierungszeit statt.

Die Idee der Teilung des Herrschaftsraumes war nicht völlig neu, doch wurde sie nun konsequenter umgesetzt. Allerdings wurde der Gedanke der Reichseinheit nicht aufgegeben. Rom blieb der ideelle Mittelpunkt des Reiches, auch wenn die Kaiser ihre Residenzen nun in die Nähe der Grenzen, so etwa nach Trier, verlegten.

Konstantin der Große, dessen Vater nach dem Rücktritt von Diokletian und dessen Mitkaiser Maximian das Amt des Senior Augustus im Westen übernommen hatte, wurde 306 von seinen Soldaten zum Kaiser ausgerufen, und der nun ranghöchste Kaiser Galerius erkannte ihn widerwillig als Mitherrscher an. Konstantin gab sich damit nicht zufrieden. Er beseitigte nach und nach seine Rivalen: Bereits seit 312 herrschte er im Westen und etablierte 324 die Alleinherrschaft über das gesamte Imperium. Bedeutend wurde seine Regierungszeit vor allem aus zwei Gründen: Zum einen wegen der Privilegierung des Christentums und zum anderen wegen der Gründung von Konstantinopel. Der Blick des Reiches wandte sich mehr und mehr gegen Osten.

Konstantins Dynastie überlebte ihn nicht lange. Es folgten zunächst Bruderkämpfe, bis Constantius II. 353 die Alleinherrschaft erlangte. Nach seinem Tod kam es 361 unter seinem Nachfolger Julian Apostata, dem Neffen Konstantins, zu einer „Renaissance“ des Heidentums, die aber nicht von langer Dauer war. Mit Julian erlosch 363 die konstantinische Dynastie.

Unter Valentinian I. wurde das Reich aus Verwaltungsgründen vorläufig und nach dem Tod Kaiser Theodosius I. endgültig geteilt. Theodosius war nach dem Tod des Valens von Valentinians Sohn Gratian als Kaiser im Osten eingesetzt worden. Es gelang ihm nach der Niederlage von Adrianopel, die eingedrungenen Goten durch Verträge wenigstens vorläufig zu binden. 394 wurde Theodosius schließlich Alleinherrscher, nachdem es im Westen zu einer Reihe von Usurpationen und Revolten gekommen war; er war der letzte Kaiser, der über das gesamte Imperium herrschen sollte. In seine Zeit fällt auch die Einführung des Christentums als Staatsreligion. Nach seinem Tod 395 kam es unter seinen Söhnen Honorius (im Westen) und Arcadius (im Osten) zur Reichsteilung, die von da an endgültig sein sollte. Dennoch blieb die Idee der Reichseinheit lebendig – so galten die Gesetze des einen Kaisers normalerweise auch im Machtbereich des jeweils anderen.


Untergang des Reiches im Westen und Behauptung im Osten

Das Oströmische Reich überlebte die Wirren der Völkerwanderung, vor allem, da es der ökonomisch gesündere und dichter bevölkerte Reichsteil war. Im Laufe des 5. Jahrhunderts zerfiel allmählich das Römische Reich im Westen. Das Vordringen der Hunnen hatte einen Dominoeffekt ausgelöst, der das Antlitz Europas gänzlich veränderte. Das Reich verlor nach der Schlacht von Adrianopel 378 zunehmend die Kontrolle über seine westlichen Provinzen. Große Teile Galliens und Spaniens gingen bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts an die eingedrungenen Germanen (Vandalen, Franken, Goten) verloren. Vor allem der Verlust Africas an die Vandalen 435 war ein schwerer Schlag für Westrom. Der Regierungssitz war bereits um die Jahrhundertwende von Mailand nach Ravenna verlegt worden. Und selbst Italien geriet immer mehr unter den Einfluss der Germanen. 410 plünderten die Westgoten die Stadt Rom, 455 folgten ihnen darin die Vandalen (daher der moderne Ausdruck „Vandalismus“).

Es gab mehrere Gründe für den Verfall und Untergang des Römischen Reiches. Welche Prozesse letztlich zur Transformation des weströmischen Reiches in eine Reihe von germanischen Staaten führten, die spätestens seit dem 7. Jahrhundert als souverän gelten konnten, ist seit langem Gegenstand der Forschungsdiskussion. So bestand das Heer zum größten Teil längst nicht mehr aus römischen Bürgern, sondern aus „barbarischen“ Söldnern. Die Stärke der Armee reichte zudem nicht mehr aus, um die Grenzen zu sichern. Im Inneren war die Verwaltung marode geworden, auch ein wirtschaftlicher Niedergang ist festzustellen, wenn auch nicht so dramatisch, wie noch die ältere Forschung meinte. 476 setzte der Germane Odoaker Romulus Augustulus als weströmischen Kaiser ab (letzter anerkannter Westkaiser war allerdings Julius Nepos gewesen). Odoaker sah sich selbst aber noch als einen „Germanen in römischen Diensten“ und seine Herrschaft in Italien als Teil des Imperium Romanum unter dem römischen Kaiser in Konstantinopel, und auch sein Nachfolger Theoderich der Große bemühte sich um kaiserliche Anerkennung seiner Stellung.

Anders war die Lage im Osten. Dies war der „gesündere“ Reichsteil, der zudem über die größeren strategischen Reserven verfügte und auch die geschicktere Diplomatie betrieb. Vor allem das Hochland Anatoliens mit dem Taurus-Gebirge und die Propontis bildeten natürliche Barrieren gegen das Vordringen von Fremdvölkern. Zudem war es Hunnen und Germanen nie gelungen, den Hellespont zu überqueren; daher blieben die reichen Provinzen Kleinasiens, Syriens und Ägyptens weitgehend unbehelligt. Die „barbarischen“ Elemente in der Armee, die mit zum Untergang Westroms beigetragen hatten, wurden noch im 5. Jahrhundert zurückgedrängt und zu Beginn des 6. Jahrhunderts zum größten Teil ausgeschaltet. Obwohl es zu schweren Kämpfen mit Hunnen und Sassaniden kam, blieb das Ostreich intakt.

Unter Justinian I., dem letzten Kaiser, dessen Muttersprache Latein war, und seinem Feldherren Belisar konnten die Oströmer große Teile des Westens (Nordafrika, Italien, Südspanien) zurückerobern, während sie im Orient unter großen Anstrengungen die Grenzen gegen die Perser halten konnten. Allerdings wurden die Angriffe der Sassaniden seit der Thronbesteigung Chosraus I. immer heftiger und es bestand die Absicht, den gesamten römischen Osten zu erobern. Damit endete die Phase der Koexistenz der beiden Großreiche und eine Serie von verheerenden Kriegen begann. Der (ost-)römische Kaiser war noch einmal der mit Abstand mächtigste Herrscher im Mittelmeerraum, und Ostrom beherrschte den größten Teil des alten Reichsgebietes (mit Ausnahme Britanniens, Galliens und Nordspaniens). Die zurückeroberten Gebiete erwiesen sich nach Justinians Tod (565) allerdings vielfach als auf Dauer unhaltbar. So fiel etwa Südspanien nach einigen Jahren wieder an die Westgoten und Italien ab 568 großteils an die Langobarden.


Das Ende des antiken Imperiums

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Im Inneren des Oströmischen Reiches gärte es, religiöse Streitigkeiten zwischen christlichen Gruppen (Monophysiten gegen Orthodoxe) und die hohe Steuerlast wegen der ständigen Kriege förderten die Unzufriedenheit von Teilen der Bevölkerung, etwa in Syrien und Ägypten; dies bewirkte eine deutliche Schwächung des Loyalitätsempfindens. Am Anfang des 7. Jahrhunderts wurden dann zunächst weite Teile des Reiches zeitweilig von den Sassaniden erobert. Dabei stießen die persischen Truppen unter Chosrau II. zweimal bis Byzanz vor und entführten das Heilige Kreuz, das angeblich Helena, die Mutter Konstantins, gefunden hatte, und das den „größten Schatz“ des Reiches darstellte, aus Jerusalem. Nachdem Kaiser Herakleios den langen Krieg schließlich mit großer Mühe siegreich beendet hatte, konnte das erschöpfte Reich dem Angriff der islamischen Araber (arabische Expansion) kaum widerstehen und verlor ganz Syrien und Afrika. Besonders der Verlust des reichen Ägypten, das durch „Verrat“ des Patriarchen Kyros beinahe kampflos an die Araber fiel, schwächte Ostrom substanziell. Herakleios brach mit der römischen Tradition, indem er statt des Titels Imperator den alten griechischen Königstitel Basileus annahm und Griechisch auch zur offiziellen Amtssprache machte. Das Reich verlor nun seinen römisch-antiken Charakter. Auch im Osten begann damit das Mittelalter.

Das Oströmische Reich mit seiner Hauptstadt Konstantinopel blieb zwar staatsrechtlich noch bis in das 15. Jahrhundert erhalten – und die Griechen bezeichnen sich noch heute volkstümlich auch als rhomioi, also „Römer“, aber die inneren Strukturen veränderten sich nach etwa 640 so grundlegend, dass es gerechtfertigt erscheint, von nun an von Byzanz zu sprechen.


Historische Anknüpfung

Karl der Große war der erste nachrömische Kaiser Westeuropas (translatio imperii). Seine Kaiserkrönung führte zu diplomatischen Auseinandersetzungen mit Byzanz, dessen Basileus sich als legitimer römischer Kaiser betrachtete. Das Heilige Römische Reich (seit dem 15. Jahrhundert mit dem Zusatz „Deutscher Nation“), das in seiner größten territorialen Ausdehnung – nach heutigen politischen Grenzen – Deutschland, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Österreich, Tschechien, die Schweiz, Nord- und Mittelitalien und Teile Frankreichs (Lothringen, Elsass, Provence) umfasste, sah sich später als Nachfolger des (west-)römischen Reiches, während der russische Zar über das byzantinische Erbe ebenfalls die Nachfolge der römischen Kaiserkrone beanspruchte – die Begriffe Kaiser und Zar leiten sich beide aus dem römischen Caesar ab. Mit der Kaiserkrönung Napoleons gab es erstmals mehr als einen Kaiser in Westeuropa. 1918/1919 endete mit der Abdankung Wilhelm II. (Deutsches Reich) und Karl I. (Österreich-Ungarn) die Geschichte der Kaiser. Selbst im 20. Jahrhundert fühlte sich mit dem faschistischen Italien noch ein Staat als Nachfolger des Römischen Reiches. Die Wiederherstellung der Imperium Romanum war Mussolinis erklärtes Ziel in der Außenpolitik. Er sollte dabei scheitern.



Literatur

Überblicksdarstellungen

  • Neben Aufstieg und Niedergang der römischen Welt, Oldenbourg Grundriss der Geschichte Bd. 2–4 und vor allem der Cambridge Ancient History, 2. veränderte Aufl. ab Bd. 7, Teilband 2, The Rise of Rome to 220 B.C.:

  • Hermann Bengtson: Grundriß der römischen Geschichte mit Quellenkunde. Republik und Kaiserzeit bis 284 n. Chr. Handbuch der Altertumswissenschaft III. 5. 3. Auflage, Beck, München 1982 (zuerst 1967), ISBN 3-406-08617-9.
  • Ada Gabucci: Rom und sein Imperium. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 380621932X Sehr reich bebilderte Geschichte über die Gründung, Ausbreitung und Herrschaft.
  • Alfred Heuß: Römische Geschichte. 9. Auflage, Schöningh, Paderborn 2003 (zuerst 1960), ISBN 3506739271 Bester (wenn auch manchmal recht knapper) Überblick zur römischen Geschichte in deutscher Sprache.
  • Karl-Joachim Hölkeskamp, Elke Stein-Hölkeskamp (Hrsg.): Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt. München 2006, ISBN 3-406-54682-X.
  • Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2001 (zuerst 1854–1856 und 1885), ISBN 3423590556 Geschichte Roms bis zur Ermordung Cäsars sowie der römischen Provinzen zur Kaiserzeit, für die Mommsen 1902 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Wissenschaftlich allerdings weitgehend veraltet.
  • Wolfgang Schuller (Hrsg.): Das Römische Weltreich. 2. Auflage, Theiss, Stuttgart 2003, ISBN 3-8062-1744-0. Gut lesbarer Querschnitt durch die Zeit des römischen Weltreiches.

Republik

  • Jochen Bleicken: Geschichte der römischen Republik, Oldenbourg Grundriss der Geschichte, 4. Aufl., München 1992.
  • Klaus Bringmann: Geschichte der Römischen Republik. München 2002, ISBN 3406492924 Solide und zuverlässige Darstellung der Republik.
  • Harriet I. Flower (Hrsg.): The Cambridge Companion to the Roman Republic. Cambridge 2004.

Prinzipat und Spätantike

  • Glen Bowersock u. a.: Late Antiquity. A guide to the postclassical World. Cambridge 1999, ISBN 0674511735. Ausgezeichneter, gut lesbarer Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Spätantike mit einem nützlichen Lexikonteil.
  • Karl Christ: Geschichte der Römischen Kaiserzeit. 4. Auflage. Beck, München 2002, ISBN 3406363164. Hervorragende moderne Darstellung der Kaiserzeit bis Konstantin. Standardwerk.
  • Werner Dahlheim: Geschichte der Römischen Kaiserzeit. 3. überarb. und erw. Aufl. Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-49673-5.
  • Alexander Demandt: Die Spätantike. Handbuch der Altertumswissenschaft III. 6, Beck, München 1989. Gutes Überblickswerk (nur noch antiquarisch, 2. Auflage in Vorbereitung; aber als inhaltlich gekürzte Ausgabe ohne wissenschaftlichen Apparat erhältlich: Geschichte der Spätantike. München 1998, ISBN 3-406-44107-6).
  • David S. Potter: The Roman Empire at bay. AD 180–395. Routledge History of the Ancient World. London u. a. 2004, ISBN 0-415-10058-5. Sehr gute Gesamtdarstellung der Zeit von 180 bis 395.

Spezialuntersuchungen

  • Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur. 2 Bde., 3. Aufl. (Taschenbuchausgabe), München 2003.

Weblinks


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