Ionier

Die Ionier waren neben den Äolern, Dorern und den Achäern einer der Stämme des alten Griechenland. Sie gehörten zur ersten Welle griechischer Einwanderer um 1600 v. Chr. Ihr Siedlungsgebiet war vor allem Mittelgriechenland (Attika mit dem späteren Athen, Euboia). Nach anderer Auffassung ging der Einwanderung griechischer Stämme, die der Proto-Griechen voraus, zu denen vor allem auch die Thraker gehörten.

Die Schübe einwandernder Indogermanen verursachten auch innerhalb Griechenlands, vor allem im Süden, Wanderungsbewegungen und die Kolonisation der ägäischen Inseln und Küsten. Die Ionier waren hiervon erst recht spät betroffen. Hintergrund dieser Verschiebungen war vermutlich der von Mitteleuropa ausgehende wachsende Bevölkerungsdruck, der sich nun in den griechischen Raum hinein fortpflanzte. In einer zweiten Welle drängten ab 1300 v. Chr. Äoler und Achäer in den griechischen Raum, Dorer und Nordwestgriechen rückten als Dritte um 1200 v. Chr. vor. Während im weitflächigen Norden noch ein Ausgleich zwischen Einwanderern und Frühbevölkerung möglich war, brachten sich die Dorer auf der Peloponnes selbst in Landnot.

Im ionischen Attika lagen die Dinge jedoch anders. Der schlechte Boden machte das Gebiet für eine Landnahme uninteressant. Daher blieb es von inneren Unruhen verschont und entwickelte sich zu einem sicheren Refugium versprengter Völkerteile. Diesen Zusammenhang beschreibt Thukydides (1.2). Nachdem ab 1100 v. Chr. die Äoler in Kleinasien südlich des Hellespont (Dardanellen) und auf Lesbos siedelten, die Dorer Richtung Kreta, Rhodos und die anatolische Südküste auswanderten, setzte die ionische Wanderung als letzte, aber bedeutendste der frühen griechischen Kolonisation ein. Die Ionier ließen sich im Westen Kleinasiens, in Lydien und Karien, und auf den vorgelagerten Inseln, wie Chios und Samos, nieder.

Das ionische Stammland wurde zum Sprungbrett von Kolonisten unterschiedlichster Herkunft. So war es eben nicht die gemeinsame ethnische Zugehörigkeit, die das spätere „Ioniertum“ begründete, sondern die gemeinsame Auswanderungsgeschichte und das gemeinsame Auswanderungsland. Identitätstiftend wirkten der Kultus, der auf Ion (3) als Stammesvater gründete, und die mitgeführten Eigenheiten. Später kamen gemeinsame Dialekte und Lebensformen hinzu, die sich erst in der neuen Heimat entwickelten. Während sich die zurückgebliebenen Ionier als Stamm für klein und unbedeutend hielten und sich ihres Namens schämten, waren die Auswanderer, so Herodot (1.143), stolz auf ihr Ioniertum. Ausdruck hierfür sind nicht zuletzt der elitäre Ionische Bund und das gemeinsame Bundesheiligtum, das Panionion. Bis in das 5. Jahrhundert v. Chr. hinein blieb das Bewußtsein der gemeinsamen Stammeszugehörigkeit, auch politisch, ein bedeutender Faktor. Der Erste Attische Seebund beruhte gleichsam auf dem Ioniertum und trat mit einem gesamtionischen Anspruch an. Die Machtstellung Athens profitierte hiervon deutlich.

„Ionien“ – das war nun das gemeinsame Siedlungsgebiet in Kleinasien, nicht das kleine Attika. Bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. hatten sich die bedeutendsten Städte und Inseln zur Dodekapolis, zur Zwölfergemeinschaft, zusammengeschlossen. Kolophon, Ephesos, Milet, Priene sowie Samos und Chios gehörten dazu. Weitere Mitglieder war der Ionische Bund nicht bereit aufzunehmen.

Um 550 v. Chr. hatte der Lyderkönig Kroisos nahezu ganz Kleinasien unter seine Herrschaft gebracht und die griechischen Städte unter eine milde Oberherrschaft gestellt. Aber bereits 547/46 v. Chr. fiel das lydische Reich an die Perser. Auch die ionischen Städte, nicht jedoch die Inseln, waren nun tributpflichtig. Solange die blühende Wirtschaft, welche die ionischen Städte wohlhabend gemacht hatte, nicht beeinträchtigt wurde, betrachtete man die persische Herrschaft nicht als Last. Im Gegenteil: die neuen Herren waren in erster Linie Kunden, und schließlich war Persien in der Abwicklung seiner Handelsgeschäfte im Westen des Reiches auf die griechischen Häfen angewiesen. Die ausgreifenden persischen Feldzüge in den Schwarzmeerraum und nach Ägypten jedoch schnitten Ionien von den wichtigsten Handelsrouten ab. Erst jetzt formierte sich Widerstand gegen die persische Tyrannis. Der Ionische Aufstand von 500/499 v. Chr. bis 494, von Persien niedergeschlagen, war die erste militärische Begegnung von Griechen und Persern.

In hellinistischer Zeit wieder zur Blüte gelangt, gelten die Ionier als Hauptträger der griechischen Kultur.

Vertreter der ionischen Philosophie waren u.a.:

Thales

Anaximander

Anaximenes

Heraklit

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