Belagerung von Konstantinopel (1453)

Die Belagerung von Konstantinopel im Jahr 1453 durch die Osmanen beendete die Existenz des Byzantinischen Reichs. Der osmanische Sultan Mehmed II. stand an der Spitze des 80.000 Mann starken Belagerungsheeres. Die Verteidigung der Stadt oblag Kaiser Konstantin XI., der weniger als 10.000 Mann zur Verfügung hatte.

Der Fall von Konstantinopel.

Situation des byzantinischen Reichs

Das byzantinische Reich kurz vor seinem Fall.In den schätzungsweise tausend Jahren der Existenz des Byzantinischen Reichs war Konstantinopel oft belagert worden; doch es war nur einmal gefallen, während des Vierten Kreuzzugs im Jahre 1204. Die Kreuzfahrer hatten jedoch überhaupt nicht vorgehabt, das Reich zu erobern, und so wurde die Stadt im Jahre 1261 wieder byzantinisch. In den folgenden zwei Jahrhunderten wurde das byzantinische Reich von einer neuen Bedrohung, dem osmanischen Reich, immer weiter zerstückelt. 1453 bestand das "Reich" aus nicht mehr als der Stadt Konstantinopel selbst und einem kleinen Teil des Peloponnes.

„Und ein solchs Plutvergießen das plutig Beche durch die Stat fluß. So warden die heilligen Götzheuser unnd Tempel erbermlich und grausamlich befleckt und enteeret und vil unmenschlicher Boßheit und Myßtat durch die wütenden Türken gegen dem cristenlichen Plut geübt.“ Bericht über die Eroberung Konstantinopels aus der Schedelschen Weltchronik von 1493. Vorne rechts auf dem Stadtbild ist die Hagia Sophia zu erkennen.

Karte von Konstantinopel mit seinen Mauern.Die byzantinische Armee befehligte ungefähr 7000 Soldaten, von denen 2000 Söldner aus anderen Ländern waren. Die Stadt besaß 14 km an Stadtmauern und war somit die wahrscheinlich am besten befestigte Stadt ihrer Zeit. Die Osmanen hatten hingegen eine viel größere Armee von 100000 Mann. Mehmed baute zudem eine Flotte um die Stadt aus dem Meer zu Fall zu bringen.

Die Osmanen stellten einen böhmischen Schmied namens Urban ein, der ein Spezialist in der Herstellung von Kanonen war. Er baute eine enorme Kanone, die über 8 Meter lang war und einen Durchmesser von 75 cm hatte und 544 Kilogramm über eine Meile weit schießen konnte. Obgleich auch das byzantinische Reich über Kanonen verfügte, waren diese viel kleiner, und ihr Rückstoß tendierte dazu, die eigenen Mauern zu beschädigen. Urbans Kanone hatte jedoch auch einige Nachteile. Sie verfehlte so gut wie alles, auch wenn es so groß war wie Konstantinopel; es dauerte drei Stunden, sie neu zu laden; es gab kaum Kanonenkugeln und explodierte nach sechs Wochen weil sie in zu kurzen Abständen (20 Minuten gemäß christlichen Quellen, 1 Stunde gemäß moslemischer Quellen) abgefeuert wurde.

Karte von Konstantinopel mit seinen Mauern.

Geschichte


Fall von Konstantinopel.Mehmed plante, die theodosischen Mauern anzugreifen, die Reihe von Mauern und Wällen die Konstantinopel vor einem Angriff aus dem Westen schützten. Seine Armee bezog am Ostermontag, dem 2. April, 1453 vor der Stadt Stellung. Wochenlang schoss Mehmeds massive Kanone auf die Mauern, doch sie war nicht in der Lage, anhaltenden Schaden zu verurschen, da man in der Stadt die verursachten Löcher immer schnell wieder reparierte, bis die Kanone drei Stunden später zu einem nächsten Schuss bereit war. Er ließ Belagerungstürme bauen und an die Stadtmauer ziehen, aber die Byzantiner verbrannten sie mit Griechischem Feuer. Er ließ seine Schiffe vom Marmarameer über Land ins Goldene Horn schleppen, um die Christen auch von der anderen Seite der Stadt vom Wasserweg abzuschneiden.

Das byzantinische Reich kurz vor seinem Fall

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Am 29. Mai, also nach zweimonatigem Bombardement, die Moral unter den Angreifern war sehr schlecht, die Versorgung der Truppe mit Lebensmittel an der Grenze, gelang es den Osmanen schließlich, eine so große Bresche in die Mauer zu schießen, dass diese von den Byzantinern nicht mehr vollständig verteidigt werden konnte. Die Osmanen warfen alle Kräfte in diesen Abschnitt; dennoch konnten die Verteidiger die Angreifer noch einige Stunden aufhalten. Schließlich, so die Legende in der griechischen Geschichtsschreibung und in der literarischen Ausarbeitung durch Stefan Zweig, drang eine osmanische Abteilung über einen zwar unbeschädigten aber auch unbewachten Abschnitt der Mauern in die Stadt ein und fiel den Verteidigern in den Rücken; die Stadt war gefallen (dass es sich dabei um eine Legende handelt, hat Stéphane Yerasimos in einem brillanten Aufsatz nachgewiesen - die Osmanen waren derart in der Übermacht gewesen, dass sie auf derartige angebliche Nachlässigkeiten der Belagerten nicht angewiesen gewesen waren). Konstantin hielt bis zuletzt auf den Mauern aus, bis er getötet wurde. Die Osmanen unterzogen die Stadt einer dreitägigen Plünderung. Mechmed II. ließ sich alle byzantinischen Adeligen vorführen und samt ihrer Familien köpfen.

Von Belang ist dabei vor allem die Rolle der Janitscharen als Elitetruppe des Osmanischen Reiches. Einer Legende zufolge soll ein griechisch-stämmiger Hauptmann der Janitscharen beim entscheidenen Sturm in die Stadt gerufen haben: "Ei stän polis!" ("Hinein in die Stadt!") Dieser Ruf wurde von den untergebenen, aber des Griechischen nicht kundigen Janitscharen aufgegriffen, wurde jedoch im Lärm des Kampfes verstümmelt zu: "Is tan bul!" Als Mehmed II. in die Stadt kam und diesen Ruf hörte, beschloss er, die Stadt solle nach dem Ausruf benannt werden, der seinen Kriegern so viel Mut gegeben habe. Freilich ist diese Anekdote historisch nicht belegt, wird aber nicht ausgeschlossen.

Mehmed II.

Die Osmanen machten Konstantinopel zur neuen Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Die Eroberung Konstantinopels spielte eine wichtige Rolle in der zeitgenössischen Publizistik (Gutenberg erlangte mit seinem Buchdruck ein Jahr später, 1454, den Durchbruch und produzierte als ersten Druck noch vor der Bibel eine Schrift über die Türken: Diesem sollten noch viele weitere folgen) - vor allem der Papst und der Kaiser hatten ein Interesse daran, die osmanische Expansion, die nur den Mittelmeerraum und Südosteuropa betraf, als eine apokalyptische Gefahr für die gesamte Christenheit darzustellen. Das Datum der Eroberung Konstantinopels wird traditionellerweise als eine mögliche Epochenschwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit genannt. In der Geschichtswissenschaft ist man sich jedoch darüber einig, dass solche Setzungen nur begrenzt aussagekräftig sind. Unbestritten ist jedoch, dass die Eroberung Konstantinopels eine hohe Symbolwirkung hatte, auch wenn das Byzantinische Reich, dessen letzte "Hauptstadt ohne Reich" nun vernichtet worden war, im 15. Jahrhundert politisch keine große Bedeutung mehr gehabt hatte.

Das Bild stammt aus Hartmann Schedels Weltchronik von 1493.

Übersetzung von der Schwabacher Schrift ins leserliche:

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Von bestreitung der statt Constantinopel im M.cccc.liii. iar (1453) beschehen.

Constantinopel die statt ein stul des orientischen kaiserthumbs und ein einige behausung kriechischer weißheit in disem iar am andern tag des monats Junij von Machumetd dem fürsten der Türcken fünfzig tag belegert mit gewalt unnd waffen bestritten. verwüestet und befleckt worden im dritten iar des reichs desselben Machumets. der dan dise statt zu land und wasser umbschrencket und vil unzallich körbe mit weyden gezeundt damit sich die feynd bedeckten an die graben rücket und den thürn bey sant Romans thor mit einer großen mechtigen büchßen zerrüedet und nyderschoße also das der einfal des erckers oder der worweere den grabe außfüllet und also ebnet das die feind darüber einen weg haben mochten. Als aber der Türck die maurn an dreyen orten mit staynen verletzet und schier verzweiflet do understund er sich auß ertrachtung eins treulosen verheyten cristen schife von der höhe uber einen pühel abzelassen. Nu hett die statt ein lange und enge pforten gegen dem auffgang der sunnen aneinander gepundne schiff und mit einer ketten befestigt. daselbsthinein zekomen den feynden nicht müglich was. und auff das aber der Türck die statt noch mer einzwengen und umblegern möcht so ließe er in der höhe auf dem pühel den den weg ebnen und die schiff auß underlegten fassen wol bey.lxx.(70) roßlaufen schieben und machet vom gestadt gegen Constantinopel ein prugk bey.xxx. (30) roßlauffen lang von holz mit weyn fassen underlegt darauf das heer zu der maurn lauffen mocht. Also wardt die statt Constantinopel unnd auch Pera gestürmet. die maur und die thor beschoßen. und die ober maur erstigen. also das die feinnd die burger in der statt mit staynwerffen ser beschedigen und in dem einlauff der pforten bey achthundert rittern auß den Lateinischen und Kriechischen ermorten und erschlugen und eroberten die statt. Alda warde der Kriechisch kayser Constantinus paleologus enthaubt. alle menschen sechs iar und darüber alt erschlagen. die briester und alle closterleut mit mancherlay marter und peyn getödt. und das ander volck mit dem schwerr ermordt. und ein solchs plutvergießen das plutig beche durch die stat fluß. So warden die heiligen gotzheuser unnd tempel erbermlich und grausamlich befleckt und enteeret und vil unmenschlicher boßheit und myßtat durch die wüetenden Türcken gegen dem cristenlichen plut geübt. und das geschahe nach erpauung der statt Constantinopel M.c.xxx.(1130) iar oder da bey.

Literatur

  • Carl Göllner: Turcica. Die europäischen Türkendruck des 16. Jahrhunderts, Akademie-Verlag, Berlin (Repr. d. Ausg. Bukarest 1961)
    • 1. - 1501-1550, 1994, ISBN 3-87320-070-8
    • 2. - 1551-1600, 1961
    • 3. - Die Türkenfrage in der öffentlichen Meinung Europas im 16. Jahrhundert, 1978, ISBN 3-87320-070-8
  • Steven Runciman: Die Eroberung von Konstantinopel 1453, Beck, München 1990, ISBN 3-406-02528-5
  • Mika Waltari: Der dunkle Engel. Roman, Lübbe, Bergisch-Gladbach 1989, ISBN 3-404-10546-X
  • Stéphane Yerasimos (Hrsg.): Les traditions apocalypthiques au tournant de la chute de Constantinople. Actes de table ronde d'Istanbul (13.-14. avril 1996), L'Harmattan, Paris 1996, s. 153-192, ISBN 2-7384-8477-8
  • Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit. 14 historische Miniaturen, Fischer-Taschenbuchverlag, Frankfurt/M. 2000, ISBN 3-596-20595-6

Weblinks

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