Hannibal

Hannibal

Hannibal Barkas (* um 247 v. Chr. in Karthago; † 183 v. Chr. in Bithynien) gilt als einer der größten Feldherren der Antike. Im Zweiten Punischen Krieg (218–201 v. Chr.) brachte er dem Römischen Reich die letzten schweren Niederlagen bei, bevor dieses zur einzigen mediterranen Großmacht aufstieg.

Jugend und spanisches Kommando

Hannibal war der älteste Sohn des karthagischen Feldherrn Hamilkar Barkas, welcher sich im Ersten Punischen Krieg und im Söldnerkrieg ausgezeichnet hatte. Nach Hamilkars Beinamen wird seine Familie als Barkiden bezeichnet. Seine jüngeren Brüder waren Hasdrubal und Mago, die ebenfalls karthagische Feldherrn waren. Die römische Geschichtsschreibung weiß zu berichten, dass der neunjährige Hannibal zusammen mit seinen Brüdern den Römern ewige Feindschaft schwören musste, doch handelt es sich dabei um eine Legende. Hannibal wurde von einem Spartaner names Sosylos erzogen, der später zu seinen Beratern gehörte.

237 v. Chr. begleitete Hannibal seinen Vater in das damals noch wenig zivilisierte Spanien, welches reich an Bodenschätzen war. Dort eroberte Hamilkar größere Gebiete, welche die Verluste Karthagos im letzten Krieg gegen Rom ausgleichen sollten. Nach dessen Tod übernahm Hannibals Schwager Hasdrubal das Kommando in Spanien. Dieser vergrößerte die neue karthagische Provinz erheblich, gründete mit Cartagena eine regionale Hauptstadt und schloss mit Rom den Ebro-Vertrag, welcher den Fluss als Grenze zwischen beiden Mächten festlegte. Hannibal hatte sich mittlerweile wieder in Karthago aufgehalten, kehrte jedoch 224/3 auf Wunsch seines Schwagers nach Spanien zurück. Als Hasdrubals Kavallerie-Kommandant konnte sich Hannibal in mehreren schweren Kämpfen gegen ibererische Stämme hervortun.

Nach Hasdrubals Ermordung 221 folgte ihm Hannibal im Kommando nach. Sogleich führte er einen ausgedehnten Feldzug gegen die noch unabhängigen iberischen Stämme. In einer Schlacht am Tajo errang Hannibal zum ersten Mal einen Sieg in offener Feldschlacht gegen einen zahlenmäßig weit überlegenden Gegner. Die Stadt Sagunt an der Mittelmeerküste verweigerte aber die Unterwerfung. Hannibal entschied sich, die Stadt ab 220 zu belagern, auch um deren Einfluss auf die ihm gewogenen iberischen Stämme einzugrenzen. Die Saguntiner schlossen daher in ihrer Bedrohung ein Bündnis mit Rom. Sogleich forderten römische Gesandte Hannibal auf, die Belagerung Sagunts abzubrechen. Dieser lehnte jedoch aufgrund der klaren Rechtslage ab, da Sagunt weit südlich des Ebro gelegen war. Hannibal fragte in Karthago bezüglich eines weiteren Vorgehens an, dessen Ratherren ihm aber freie Hand ließen.

Den Karthagern war klar geworden, dass sich im Konflikt um Sagunt die Ereignisse aus der Anfangsphase des Ersten Punischen Krieges wiederholten. Damals hatte Rom die Stadt Messina als Anlass für einen Krieg mit Karthago genutzt. Hannibal entschied sich deshalb, Fakten zu schaffen: Nach achtmonatiger Belagerung ließ er 219 Sagunt stürmen und die Bevölkerung massakrieren. Die Römer hatten nichts zur Hilfe Sagunts unternommen, ließen dem karthagischen Rat nun aber ausrichten, dass diese einem Krieg nur durch die Auslieferung Hannibals entgehen könnten. Wiederum standen die Ratsherren aber zu ihrem Kommandeur.


Krieg gegen Rom

Hannibals Feldzug gegen die Römer
Frank Martini. Department of History, United States Military Academy

    Hannibal zeichnete sich durch ein für seine Zeit ungewöhnliches Bewusstsein über die Möglichkeiten und Grenzen von Zeit und Raum für militärische Manöver aus. Um einem römischen Angriff auf Spanien zuvorzukommen, überschritt er mit wahrscheinlich mehr als 55.000 Soldaten und 37 Kriegselefanten auf einem heute nicht mehr genau zu bestimmenden Pass (vielleicht Col de Clapier) die winterlichen Alpen und gelangte durch das Gebiet der Salasser nach Aosta und Ivrea. Das Heer erlitt in den Alpen schwere Verluste, konnte jedoch mit Kelten aus der Po-Ebene verstärkt werden.

    Durch diesen überraschenden Zug gelangte Hannibal für die nächsten Jahre gegenüber den militärisch überlegenen Römern in die strategische Offensive, da er das römische Bundesgenossensystem als Basis der römischen Macht direkt bedrohte. In taktisch defensiven, aber selbstgewählten überlegenen Ausgangspositionen konnte er die taktischen Schwächen des römischen Militärsystems mehrfach mit enormem Erfolg ausnutzen. In den Schlachten am Ticinus (218 v. Chr.) an der Trebia (218 v. Chr.), am Trasimenischen See (217 v. Chr.) und bei Cannae (216 v. Chr., mit 50.000 römischen Toten) brachte er den zahlenmäßig meistens weit überlegenen Römern jedes Mal eine vernichtende Niederlage bei.

    Nach dem außergewöhnlichen Erfolg bei Cannae wurde in der karthagischen Führung besprochen, ob Rom direkt angegriffen werden sollte. Dem Reitergeneral Maharbal wird in den Mund gelegt: „Du verstehst zu siegen, Hannibal. Den Sieg zu nutzen aber verstehst Du nicht!“. Ob das Heer Hannibals wirklich in der Lage gewesen wäre, Rom erfolgreich einzunehmen, ist allerdings mehr als fraglich. Auch hätte eine Besetzung der Stadt nicht zwangsläufig das Ende des Reiches nach sich gezogen. Hannibal jedenfalls entschied sich gegen einen Marsch auf Rom und warb in Italien bei den oftmals von Rom in die Bundesgenossenschaft gezwungenen italischen Städte für deren Loslösung, um so Rom politisch zu isolieren und damit als Großmacht und somit als Gefahr für Karthago auszuschalten.

    Sein Heer zog noch jahrelang durch Italien. Obwohl nach den ersten Siegen viele italische Bundesgenossen Roms zu ihm übergingen, darunter auch Roms schärfster italischer Rivale Capua, war das karthagische Heer nicht stark genug für einen endgültigen Sieg über Rom, zumal Hannibal im politischen Karthago auch starke Gegner hatte (die einflussreiche Familie des Hanno). Die Römer hatten ihre anfängliche Strategie unter Einfluss des „Zauderers“ Fabius Maximus gewechselt und griffen die Karthager in Italien und Spanien nur noch dort an, wo Hannibal selbst nicht war. Als Rom 211 v. Chr. Capua belagerte, unternahm Hannibal doch noch einen Scheinangriff auf Rom, in der Hoffnung, dadurch die Belagerer Capuas zum Rückzug zu bewegen. Laut Cicero (der rund hundert Jahre später lebte) erscholl da der berühmte Ausruf Hannibal ad portas („Hannibal [ist] bei den Toren“), zum Teil auch zitiert als Hannibal ante portas. Der Fall Capuas konnte jedoch nicht verhindert werden, was schon von antiken Historikern als Wendepunkt des Krieges angesehen wurde.

    Heimgekehrt von seinen Erfolgen in Spanien, das er den Karthagern in harten Kämpfen entreißen konnte, entschied sich der römische Feldherr Scipio, ein Bewunderer Hannibals, diesen nicht direkt anzugreifen, sondern stattdessen nach Afrika überzusetzen und Karthago zu bedrohen. Es gelang Scipio, den numidischen Reiterfürsten Massinissa zum Seitenwechsel zu bewegen. Hannibal wurde daraufhin mit den Resten seines Heers in die Heimat zurückbeordert. In der Schlacht bei Zama erlitt er 202 v. Chr. die erste und auch kriegsentscheidende Niederlage gegen die Römer. Die militärischen Genies Hannibal und Scipio hatten sich gegenseitig neutralisiert, weshalb die qualitiativ stärkere numidische Kavallerie den Römern den Sieg brachte.


    Transport von Kriegselefanten, Hannibal , Henri-Paul Motte

    Reformator und Exil

    Nach dem Friedensschluss Karthagos mit Rom musste sich Hannibal zunächst mehrerer innenpolitischer Gegner aus der Aristokratie erwehren. Diese warfen ihm vor, einerseits den Marsch auf Rom verweigert und andererseits Beute unterschlagen zu haben. Der weiterhin beim Volk überaus populäre Hannibal wurde aber in allen Punkten freigesprochen. Damit erlitt er ein günstigeres Schicksal als viele andere karthagische Kommandeure, die als Sündenböcke für Niederlagen herzuhalten hatten. Auf römischen Druck verlor Hannibal aber 200 seine Stellung als karthagischer Stratege.

    Hannibal wandte sich von nun an der Innenpolitik zu, um die politische und militärische Macht der Stadt wieder aufzubauen. Er wurde 196 zum Sufeten gewählt und reformierte Politik und Wirtschaft Karthagos zu Ungunsten der Aristokratie. Er brachte ein Gesetz durch, dass den bisher aristokratisch dominierten Gerichtshof der 104 schwächte. Die bisher auf lebenslang ernannten Mitglieder mussten von nun an durch die Volksversammlung gewählt werden und durften gemäß des Annuitätprinzips nach römischen Vorbild nur für ein Jahr und dann erst wieder nach einem weiteren Jahr Pause kandidieren. Hannibal verschaffte somit einer deutlich breiteren Schicht den Zugang zu hohen politischen Ämtern.

    Die karthagische Bevölkerung hatte wegen der Kriegsreparationen an Rom hohe Abgaben zu tragen, welche die Wirtschaft belasteten. Hannibal senkte die Abgaben, indem er hart gegen die Korruption in Karthago vorging. Dadurch vergrößerte er den Kreis seiner innenpolitischen Gegner noch einmal. Diese konnten ihn schließlich 195 ins Exil treiben, da sie fälschlicherweise behaupteten, er würde gegen Rom konspirieren. Hannibals Reformen blieben jedoch bestehen und hatten einen großen Anteil an dem raschen ökonomischen Wiederaufstieg Karthagos nach dem Zweiten Punischen Krieg.

    Hannibal floh aus dem römischen Machtbereich. Im östlichen Mittelmeerraum war er unter anderem als Feldherr für Antiochos III. den Großen von Syrien tätig. Als der Seleukidenkönig den Kampf um die Herrschaft über Griechenland gegen Rom annahm, schlug ihm Hannibal vor, einen Zweifrontenkrieg zu führen. Dieser Plan hätte vorgesehen, dass Antiochos einen Teil der römischen Streitkräfte in Griechenland binden sollte, während Hannibal selber mit karthagischen und fremden Truppen ein zweites Mal in Italien landen würde. Antiochos zeigte sich dem gegenüber zunächst nicht abgeneigt, lehnte jedoch letztlich ab: Er fürchtete, dass Hannibal bei dieser durchaus viel versprechenden Strategie der ganze Ruhm zukäme, was mit seinem Selbstverständnis als hellenistischer König nicht zu vereinbaren war. Anstatt von Hannibals militärischen Fähigkeiten Gebrauch zu machen, überließ ihm der Seleukide nur das Kommando über eine kleine Flottille.

    Nach der katastrophalen Niederlage des Antiochos musste Hannibal 190 das Seleukiden-Reich verlassen. Er hielt sich ein Jahr in Kreta auf, bis sich der dortige römische Einfluss vergrößerte. Hannibal floh nun in die hellenistischen Monarchien Kleinasiens. Zunächst trat er in die Dienste des armenischen Königs Artaxias, für den er die Leitung des Baus einer neuen Hauptstadt übernahm. Als sich der römische Einfluss in Kleinasien weiter ausbreitete, blieb Hannibal nichts weiter übrig, als zu König Prusias von Bithynien zu fliehen. Dieses befand sich in einer militärischen Auseinandersetzung mit dem römischen Bundesgenossen Eumenes II. von Pergamon. Wiederum wurde Hannibal als Flottenkommandant eingesetzt. Darüberhinaus versuchte er aber in Kleinasien griechische Verbündete für die Sache Bithyniens zu gewinnen.

    183 wurde schließlich der in Griechenland überaus populäre Titus Quinctius Flamininus bei Prusias vorstellig und forderte Hannibals Auslieferung. Der bithynische König gab seinen Feldherrn auf, doch dieser entzog sich der Gefangennahme durch Gift.

    Kriegselefanten


    Literatur

    • Pedro Barceló: Hannibal. 2. Auflage. Beck, München 2003. (Konzises Taschenbuch aus der Beck-Wissen-Reihe) ISBN 3-406-43292-1
    • Pedro Barceló: Hannibal. Stratege und Staatsmann. Klett-Cotta, Stuttgart 2004. ISBN 3-608-94301-3
    • Karl Christ: Hannibal. Primus-Verl., Darmstadt 2003. (Gestalten der Antike) ISBN 3-89678-472-2 Auch Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 2003. ISBN 3-534-15414-2
    • Jakob Seibert: Hannibal. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1993. ISBN 3-534-12029-9
    • Jakob Seibert: Forschungen zu Hannibal. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1993. ISBN 3-534-12091-4 (Die beiden Bände Seibert, der sich jahrelang mit Hannibal beschäftigt hat, sind eine Fundgrube für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem punischen Feldherrn.)
    • Jakob Seibert: Hannibal. Feldherr und Staatsmann. Zabern, Mainz 1997. (Zaberns Bildbände zur Archäologie) ISBN 3-8053-1800-6
    • Hannibal ad portas. Macht und Reichtum Karthagos [Begleitbuch zur Großen Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg „Hannibal ad portas – Macht und Reichtum Karthagos“ im Badischen Landesmuseum Karlsruhe, 25. 09. 2004 - 30. 01. 2005]. Theiss, Stuttgart 2004. ISBN 3-8062-1892-7

    Weblinks

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