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Cicero aus Baumeister: Denkmäler des klassischen Altertums. 1885. Band I., Seite 396. Büste aus London. Marcus Tullius Cicero (* 3. Januar 106 v. Chr. in Arpinum; † 7. Dezember 43 v. Chr. bei Formiae), war ein römischer Politiker, Anwalt und Philosoph, der berühmteste Redner Roms und Consul im Jahr 63 v. Chr. Leben Herkunft und Ausbildung Ciceros Familie stammte aus Arpinum, einer Stadt im Gebiet der Volsker, deren Einwohner seit 188 v. Chr. das römische Bürgerrecht hatten und aus der auch Gaius Marius kam. Das Cognomen (Beiname) Cicero leitete sich vermutlich vom lateinischen Begriff cicer („Kichererbse“) ab. Da Ciceros Vater römischer Ritter war, gehörte auch er selbst der zweithöchsten Gesellschaftsschicht an, wodurch zu diesem Zeitpunkt allerdings wenige Möglichkeiten zur politischen Betätigung eröffnet waren. Erst Verbindungen zu Angehörigen der Senatsaristokratie verhalfen Cicero in Rom zu einer guten Ausbildung. Sein Vorbild war der damals berühmte Redner Lucius Licinius Crassus. Cicero studierte Recht, Rhetorik, Literatur und Philosophie in Rom. Nach seinem Militärdienst setzte er seine Studien in Griechenland und Kleinasien fort. Er hörte Philon von Larissa und Antiochos von Askalon, die als Philosophen der Neueren Akademie angehörten. Er kehrte 77 v. Chr. nach Rom zurück und begann seine Karriere als Politiker und Rechtsanwalt. Ciceros Frau hieß Terentia. Aus der Ehe gingen die von ihm sehr geliebte Tochter Tullia (* 77 v. Chr.; † Februar 45 v. Chr.) und der Sohn Marcus (* 65 v. Chr.) hervor. Nach mehr als 30 Jahren Ehe leitete Cicero aus letztlich nicht geklärten Gründen die Scheidung ein. Wenig später heiratete er als 60-Jähriger die noch nicht 20-jährige Publilia. Nach dem Tode seiner Tochter wurde jedoch auch diese Ehe bald wieder geschieden. Politische Laufbahn Alle Ämter des cursus honorum erreichte er in dem dafür vorgeschriebenen Mindestalter (suo anno). So war er im Jahre 75 v. Chr. Quaestor auf Sizilien, wo er sich durch die Redlichkeit seiner Amtsführung den bleibenden Respekt der Sizilianer erwarb. Den Grundstein für seine politische Karriere legte er im Jahre 70 v. Chr., als er die Gemeinden Siziliens in dem Prozess vertrat, den sie gegen den korrupten Statthalter Gaius Verres (7371 v. Chr.) wegen Erpressung anstrengten. Obwohl Verres' politische Freunde ihm gern zum Freispruch verholfen hätten, war das Beweismaterial, das Cicero in kurzer Zeit zusammentrug, so erdrückend, dass Verres noch vor dem Urteil Italien verließ. Dieser Prozess brachte Cicero auch die Stellung des ersten Redners in Rom ein, da er den bis dahin bedeutendsten Redner Q. Hortensius Hortalus als Verteidiger des Verres schlagen konnte. 69 v. Chr. wurde er zum curulischen Aedil gewählt. In dieser Funktion veranstaltete er die obligatorischen Spiele, zugleich eine wichtige Maßnahme, um sein weiteres politisches Fortkommen zu sichern. Ansonsten tat Cicero sich jedoch im Amt des Aedils nicht besonders hervor, sondern führte in jenen Jahren vor allem seine Geschäfte als Anwalt weiter, die ihn zum Verteidiger in zahlreichen wichtigen Strafprozessen machten. Praetor wurde Cicero im Jahr 66 v. Chr. Das Los wies ihm unter den Prätoren das Amt des Vorsitzenden des Gerichtshofs für Erpressungen zu, einer Materie, mit der er sich schon als Advokat nachdrücklich befasst hatte. Jahre 63 v. Chr. bekleidete er das Amt des Konsuls, was für ihn als Aufsteiger (homo novus) aus dem Ritterstand (ordo equester) eine besondere Auszeichnung bedeutete. Während seines Konsulats kam es zu der Verschwörung Catilinas, die jedoch verraten und unter Mitwirkung Ciceros im Ansatz erstickt wurde. Bei der Senatsberatung (vgl. Ciceros Reden gegen Catilina) war es zwar Cato, der für die Todesstrafe plädierte, aber später blieb die Verantwortung für die Hinrichtung der Catilinarier an Cicero hängen, da der Senat zuvor in einem Notstandsbeschluss die Konsuln mit Maßnahmen zur Rettung des Staats beauftragt hatte. Ciceros Leistung bei der Niederschlagung des Putschversuchs blieb auch bei ihm gegenüber kritisch eingestellten Zeitgenossen wie Sallust unbestritten. Freilich neigte er selbst, nicht zuletzt wohl, da er als homo novus nicht auf bedeutende Vorfahren verweisen konnte, zur maßlosen Überschätzung seiner eigenen Leistungen. Theodor Mommsens berühmt gewordene Kritik, die Cicero das „Talent, offene Türen einzurennen“ zuspricht und ihn als „Staatsmann ohne Einsicht, Ansicht und Absicht“ zu diskreditieren versucht, wird von der heutigen Forschung kaum mehr geteilt, die versucht, nicht nur dem von Mommsen herausgehobenen Gaius Iulius Caesar, sondern auch dessen republikanisch orientiertem Gegner Cicero gerecht zu werden, der, stets um das Wohl der Res Publica besorgt, republikanische Ideale zu einem vom Senat regierten römischen Idealstaat verwob, dessen Regierung sich aus gebildeten, intelligenten und patriotischen Männern zusammensetzen sollte, die das Staatswohl über ihre eigenen Interessen stellten. Ab dem Jahr 60 v. Chr. ging Ciceros politischer Einfluss stetig zurück und seine Gegner insbesondere der Volkstribun Publius Clodius Pulcher, dessen Hass Cicero sich im Bona-Dea-Skandal 62/61 v. Chr. zugezogen hatte erwirkten 58 v. Chr. gestützt auf ein neues rückwirkendes Gesetz seine Verbannung aus Rom, aus der er 57 v. Chr. zurückkehrte, ohne jedoch jemals die frühere politische Macht wiederzuerlangen. Daran änderte nichts, dass er als ehemaliger Consul weiterhin zur höchsten Rangklasse der Senatoren gehörte. Ab dieser Zeit wurde er stärker schriftstellerisch tätig, namentlich mit seinen politischen und philosophischen Schriften. Cicero, der zunächst auf Caesars Intellekt bauende Hoffnungen hegte, wurde ab dessen Triumvirat mit Pompeius und Crassus sein politischer Gegner. Nachdem Cicero, 51 v. Chr. Statthalter in Kilikien, 50 v. Chr. nach Rom zurückkehrte, fand er sich im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius wieder. Er schloss sich letzterem an, wurde nach dessen endgültiger Vernichtung 48 v. Chr. jedoch von Caesar 47 v. Chr. begnadigt. Cicero hatte seinen bemerkenswerten Aufstieg nicht nur seinem großen Rednertalent zu verdanken, sondern auch seinem Ehrgeiz und der oft als Opportunismus angesehenen Anpassung an die politischen Verhältnisse. Während er zu Beginn seiner Laufbahn noch als zwar vorsichtiger, aber umso erfolgreicherer Gegner Sullas und der Optimaten auftrat, schwenkte er spätestens mit der Prätur um: Seitdem vertrat er die Position der Senatspartei, eine Haltung, die er bis zu Caesars Diktatur beibehielt. Ciceros politische Haltung, die stets auf das Staatswohl ausgerichtet war, jedoch von seiner Selbstüberschätzung und Unentschlossenheit geprägt war, wurde in der Forschung daher oft negativ beurteilt, so etwa im 19. Jahrhundert vom Althistoriker Theodor Mommsen: Marcus Cicero, notorisch ein politischer Achselträger, gewohnt bald mit den Demokraten, bald mit Pompeius, bald aus etwas weiterer Ferne mit der Aristokratie zu liebäugeln und jedem einflußreichen Beklagten ohne Unterschied der Person oder Partei auch Catilina zählte er unter seinen Klienten Advokatendienste zu leisten, eigentlich von keiner Partei oder, was ziemlich dasselbe ist, von der Partei der materiellen Interessen. Proskription und Tod An der Verschwörung gegen Caesar war Cicero zwar nicht beteiligt, seine Äußerungen zeigten jedoch seine triumphierende Freude über den Tod des „Tyrannen“, wobei er allerdings die fehlende Planung und Weitsicht der Verschwörer kritisierte, indem er bemerkte, das Attentat sei mit dem Mut von Männern, aber dem Verstand von Kindern durchgeführt worden. Zudem stellte sich rasch heraus, dass Caesars Mitkonsul Marcus Antonius Caesars Nachfolge in der Alleinherrschaft anstrebte. Nun trat Cicero Antonius entgegen und wurde mit seinen 14 philippischen Reden, denen er ihren Namen nach dem Vorbild des Demosthenes gegeben hatte, zum Wortführer der republikanischen Minderheit im Senat, wodurch er einen großen Teil seiner einstigen politischen Macht und großes Ansehen gewann. Die erste, gehalten am 2. September 44, beendete den Waffenstillstand zwischen Antonius und den Republikanern um Cicero. Ciceros zweite Rede enthielt maßlose (wenn auch nicht völlig unbegründete) persönliche Schmähungen gegen Antonius und drückte sein Bedauern darüber aus, dass Antonius an den Iden des März (Todestag Caesers) nicht mitbeseitigt worden war. Danach bemühte sich Cicero, wenn auch nicht ohne Vorbehalt, Octavian, der in Rom erschienen war und auf eigene Faust Veteranentruppen angeheuert hatte, zum Krieg gegen Antonius mit der Rückendeckung des Senats zu bewegen. Er hoffte auf dessen intellektuelle Fähigkeiten, fürchtete jedoch gleichzeitig die persönlichen Interessen des damals kaum Zwanzigjährigen. Das Gelingen dieser Bemühungen löste erneut den Bürgerkrieg aus. Die Sache der Republik schien zeitweilig sogar zu siegen. Wie von Cicero leise befürchtet, verlangte Oktavian jedoch nach ersten Erfolgen im Sommer des Jahres 43 v. Chr. das Konsulat für sich und schloss sich danach ganz öffentlich mit Antonius und Marcus Lepidus zum zweiten Triumvirat zusammen. Die drei Triumvirn beschlossen Proskriptionen gegen ihre politischen Gegner. Cicero stand ganz oben auf der Todesliste des Antonius. Am 7. Dezember 43 v. Chr. wurde er auf dessen Geheiß auf der Flucht ermordet. Mit dem Leichnam verfuhr man bestialisch: Er wurde verstümmelt durch die Straßen Roms geschleift, sein Kopf und seine Hände wurden auf den Rostra am Forum Romanum ausgestellt. Fulvia, die nacheinander mit seinen Feinden Clodius und M. Antonius verheiratet war, soll nach Cassius Dio seine Zunge mit ihrer Haarnadel durchbohrt haben. Sein Bruder Quintus Tullius Cicero fiel denselben Proskriptionen zum Opfer. Werke Cicero gilt als der bedeutendste Vertreter des philosophischen Eklektizismus in der Antike. Sein Denken enthält sowohl Elemente der Stoa wie auch solche Epikurs und anderer Denker. Reden Cicero gilt als der bedeutendste römische Redner. Er lässt (nicht eben ohne Selbstbewusstsein) seine Darstellung der Geschichte der lateinischen Redekunst im Brutus mit sich selbst enden, und spätestens seit Quintilian ist Ciceros Ruhm als ‚klassisches‘ Vorbild unangefochten. Cicero hat die meisten seiner Reden selbst veröffentlicht; 58 Reden sind (teilweise lückenhaft) im Originaltext erhalten, etwa 100 durch Titel oder Bruchstücke bekannt. Die Texte können grob in politische Reden vor dem Senat oder dem Volk einerseits sowie Verteidigungsreden vor Gericht andererseits eingeteilt werden, wobei auch letztere oft politischen Hintergrund haben. Als Ankläger in einem Strafprozess trat Cicero nur einmal auf, nämlich gegen Gaius Verres. Seinen Erfolg verdankte er neben seiner argumentativen und stilistischen Kunst, die sich Gegenstand und Publikum perfekt anzupassen wusste (vgl. Ciceros programmatische Äußerungen im Orator), vor allem seiner klugen Taktik, die sich ebenfalls ganz auf die jeweilige Hörerschaft einstellte und durchaus auch einmal Meinungen verschiedener philosophischer oder politischer Schulen eklektisch zusammen führte, um dem Publikum entgegen zu kommen und seine Ziele zu erreichen. Alphabetische Übersicht aller Reden: Personen sind dabei wie üblich nach den Familiennamen sortiert, nicht nach dem abgekürzten Vornamen.
Philosophische Schriften
Rhetorische Schriften Wie bei Cicero Leben und Werk ohnehin nur schwer zu trennen sind, so ist insbesondere die Unterscheidung zwischen philosophischen und rhetorischen Schriften zwar praktisch und übersichtlich (sie wird daher auch hier beibehalten), entspricht aber nicht Ciceros eigener Absicht und Ansicht. Schon in seinem ersten erhaltenen Werk (De inventione I 15) erklärt er, Weisheit, Beredsamkeit und Staatskunst hätten ursprünglich eine Einheit gebildet, die erheblich zur Entwicklung der menschlichen Kultur beigetragen habe und wiederherzustellen sei (vgl. Büchner, Cicero (1964) 5062). Diese Einheit schwebt als Leitbild sowohl Ciceros theoretischen Schriften als auch seiner eigenen vita activa (etwa: „politisch engagiertes Leben“) im Dienste des Staates vor jedenfalls so, wie er diese selbst idealisierend sah und gesehen haben wollte. Daher ist es nicht erstaunlich, wenn Cicero seine philosophischen Schriften mit rhetorischen Mitteln ausgestaltet und seine Rhetoriktheorie auf philosophischen Prinzipien aufbaut. Die Trennung von Weisheit und Beredsamkeit lastet er als „Zerwürfnis zwischen Zunge und Verstand“ Sokrates an (De oratore III 61; eher wäre es Platon zuzuschreiben) und versucht sie durch seine eigenen Schriften wiederaufzuheben. Denn zur bestmöglichen Verwirklichung sind seiner Meinung nach Philosophie und Rhetorik aufeinander angewiesen (s. z.B. De oratore III 54-143); Cicero selbst bekennt, „dass ich zum Redner geworden bin [...] nicht in den Lehrstätten der Rhetoren, sondern in den Hallen der Akademie“ (Orator 12). Damit spielt er auf seinen Anschluss an die Lehren der Neuen Akademie des Karneades und Philon von Larissa an. Die erhaltenen rhetoriktheoretischen Werke in alphabetischer Reihenfolge:
Weitere Schriften Zu Ciceros weiteren Werken zählen eine Trostschrift, Beiträge zur Geschichtsschreibung, Dichtungen (etwa über sein eigenes Konsulat) sowie Übersetzungen. Diese Werke sind großenteils verloren. Aus den Gedichten sind uns einige Zitate in anderen Werken Ciceros überliefert. Diese Fragmente weisen Cicero jedoch bereits als einen der bedeutendsten ja vielleicht den bedeutendsten lateinischen Dichter vor Catull und den anderen Neoterikern aus. Von den Übersetzungen sind große Stücke einer Übertragung von Platons Timaios erhalten, die Cicero vermutlich nie veröffentlicht, sondern nur als Arbeitsübersetzung angefertigt hat. Außerdem besitzen wir die meist als Aratea zitierten Bruchstücke einer Nachdichtung der Himmelserscheinungen des hellenistischen Dichters Aratos von Soloi, der einer der einflussreichsten Autoren seiner Zeit war. Briefe Die Briefe Ciceros wurden 1345 bzw. 1389 von Petrarca und dem Florentinischen Staatskanzler und Förderer des Humanismus Coluccio Salutati wiederentdeckt. Insgesamt wurden über 900 Briefe gefunden, was anfänglich Begeisterung auslöste, die in Enttäuschung umschlug, da Cicero in ihnen nicht immer dem Ideal eines Verteidigers der Republik entsprach, als den er sich in seinen Reden und politischen Schriften darstellte. Die Briefe wurden von Ciceros Sekretär Tiro 4843 v.Chr. gesammelt und archiviert. Man zählt 4 Kategorien:
Wirkung Ciceros Prosa kennzeichnet ihn als Meister der lateinischen Sprache. Seine Werke vermittelten dem gebildeten römischen Publikum die griechische Philosophie, besonders die Lehren der Stoa und der sog. Neuen Akademie. Seine politischen Schriften liefern uns wichtige Quellen zu den politischen Unruhen, die die spätrepublikanische Zeit kennzeichnete, die uns seine Positionen nachvollziehen lassen. Berühmt wurde er auch durch seine Reden gegen Verres (70 v. Chr.), gegen Catilina (63 v. Chr.) und gegen Marcus Antonius (44 und 43 v. Chr.). Seine Reden bilden zusammen mit Caesars Schriften die Grundlage für das heutige Schullatein. Nicht weniger wichtig sind aber auch seine theoretischen Schriften über den Staat und über die Gesetze. Auf Ciceros Begriff humanitas, der sich in seiner Rede über die Gesetze befindet, gehen später die Begriffe studia humanitatis für eine ganzheitliche Bildung überhaupt, humanistae, als die sich die italienischen Humanisten des 15. Jahrhunderts im Zeitalter des Renaissance-Humanismus selbst bezeichnen, also Humanisten, und in dem beginnenden 19. Jahrhundert Humanismus zurück, den als Erster Friedrich Immanuel Niethammer für Kritik an einer von der Aufklärung geprägten Pädagogik verwendet. Cicero meint mit humanitas die Bildung überhaupt, die er im Verfall begriffen sah. Besonders meint Cicero mit Bildung aber die Sprache, Rhetorik und Philosophie und damit einhergehend besonders die Tugend. Während der Aufklärungszeit, also vor Niethammer spricht man von Humanität und man meint damit allgemein Menschlichkeit. Dafür gelten als Beispiele Johann Gottfried Herder und Friedrich Schiller. Auch bei Johann Wolfgang Goethe finden wir das wieder. Bei Wilhelm von Humboldt wird der Humanismusbegriff stärker zu einem systematischen Wissenschaftsbegriff der Philosophie als es bislang der Fall war. Allerdings ist das wiederum von der allgemeinen wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklung mit den preußischen Reformen 1810 abhängig zu sehen, die auch in die Universitätslandschaft gravierende Veränderungen bringt. Man spricht hierbei auch vom Neuhumanismus. Für den italienischen Humanismus wird Cicero geradezu zu einem Idol und Vorbild des Menschen der Renaissance. Durch Francesco Petrarca und seine Schüler bzw. deren Nachfolger (dazu zählen u. a. Giovanni Boccaccio, Lorenzo Valla, Giovanni Aurispa, Leonardo Bruni und Guarino da Verona) kommt es zu einer Bewegung der Wiederbelebung des classischen Alterthums (Georg Voigt) (1859) oder zu einer Wiedererweckung des Alterthums (Jacob Burckhardt) (1860), wo der Mensch der Renaissance sein „Ich“ im Spiegel des Altertums erkennt. Er begann sich als Individuum zu begreifen. Darin unterschied er sich grundlegend vom Menschen des Mittelalters, der zwar auch gelegentlich klassische Studien getrieben hatte namentlich Lektüre der Kirchenväter wie u. a. Augustinus, jedoch immer einem korporativen Verbande zugehörig blieb, während der Renaissance-Mensch daraus heraustrat. Auch der Vorgänger und Lehrer Petrarcas Dante Alighieri, obwohl er sehr versucht sich das Altertum anzueignen und gerade Cicero zu verinnerlichen weiß, ruft doch noch die Autoritäten der Kirchenväter an. Er löst die Verbindung aus diesem mittelalterlichen Verband noch nicht völlig wie Petrarca und dessen Nachfolger. Nicht selten lehnen die Humanisten wegen ihres aus der römischen Antike neugeschöpften Menschenbildes die Institution Kirche ab. (Es ist jedoch nicht so, dass es auch damals keinen christlichen Humanismus gäbe.) Diese wesentliche Unterscheidung zwischen dem Antikeverständnis und dem daraus resultierenden Menschenbild zwischen Dante und Petrarca finden wir in dieser Deutlichkeit zuerst bei Georg Voigt. Auch Petrarca beginnt eine Dichtung in lateinischer Sprache, die im Stile Cicero nachempfindet. Zu den Nachwirkungen lässt sich nicht zuletzt die Entstehung einer italienischen Hochsprache rechnen, die mit Dante beginnt. Nicht immer, wenn auch überwiegend, wird Cicero positiv gewürdigt. Als Beispiel darf hierfür die Charakteristik gelten, die Theodor Mommsen im dritten Band seiner Römischen Geschichte gibt. Trotz aller Anerkennung für sein Werk, das ihm 1902 den Nobelpreis für Literatur einbringt, erlebt Mommsen so manche Anfeindung eben wegen der Cicero-Charakteristik. Der italienische Humanismus breitet sich in ganz Europa aus. Er hat auch auf die Deutschen tiefen Eindruck hinterlassen. Er ist sogar eine der Wurzeln der Reformation. Wichtige Vertreter sind Johannes Reuchlin, Erasmus von Rotterdam und Philipp Melanchthon. Ihr Humanismusbegriff hat aber eine deutlich christliche Prägung.
Literatur Ausgaben und Übersetzungen Gesamtausgaben
Reden M. Tulli Ciceronis Orationes, lat. Kritisch hrsg. von A. C. Clark und W. Peterson. 6 Bde., Oxford 19051918 u.ö. (Bibliotheca Oxoniensis). Sämtliche Reden. Eingeleitet, übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. Zürich: Artemis 1971 ff. Die politischen Reden, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. 3 Bde. München: Artemis und Winkler 1993. Die Reden gegen Verres, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. München: Artemis und Winkler 1995. Die Prozessreden, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. 2 Bde. München: Artemis und Winkler 1997. Philosophische Schriften
Rhetorische Schriften
Briefe
Anthologien
Sekundärliteratur Cicero allgemein
Reden
Wirkung
(Weitere Literatur zur Nachwirkung unter Humanismus) Sprüche "Oh Zeiten, oh Sitten." - In Catilinam 1, 1 (und anderen Stellen) "Wie du säest, so wirst du ernten." - De oratore 2, 65, 261 "Hannibal (ist) vor den Toren!" - Philippica 1, 5, 11 und De finibus 4, 9, 22 Cicero: Redner, Staatsmann, Philosoph, Wilfried Stroh Weblinks
Von "http://de.wikipedia.org/, http://de.wikiquote.org"
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