Idomeneo

Idomeneo, Rè di Creta ist eine Opera seria (Dramma per musica) in 3 Akten. Der antike Stoff erzählt vom kretischen König Idomeneus, der nach seiner Heimkehr vom trojanischen Krieg gezwungen ist, seinen eigenen Sohn zu opfern. Der Librettist ergänzte die Geschichte um ein Happy End in der Tradition des Deus ex machina.

Die Musik der am 29. Januar 1781 am Münchner Residenztheater uraufgeführten Oper stammt von Wolfgang Amadeus Mozart (KV 366), das Libretto von Giambattista Varesco. Sie hat eine Spieldauer von ca. 3 Stunden.

Personen

  • Idomeneo, König von Kreta (Tenor)
  • Idamante, sein Sohn (Mezzosopran oder Tenor)
  • Ilia, Prinzessin von Troja, Tochter des Priamus (Sopran)
  • Elettra, Tochter des Agamemnon, König von Argos (Sopran)
  • Arbace, Vertrauter Idomeneos (Tenor)
  • Oberpriester Poseidons (Tenor)
  • Das Orakel (Bass)
  • Chor

Handlung

Die Oper spielt in Sidon, der Hauptstadt von Kreta, kurz nach Ende des trojanischen Krieges.


1. Akt

Ilia, als kriegsgefangene Trojanerin nach Kreta verschleppt, sehnt sich nach ihrer verlorenen Heimat und fühlt gleichzeitig Liebe zu ihrem Kriegsfeind, dem kretischen Prinzen Idamante. Dieser verkündet glücklich die Rückkehr seines Vaters Idomeneo und schenkt aus Freude darüber den Trojanern die Freiheit. Da erscheint Arbace mit der Nachricht, die Flotte des Königs sei in Seenot und Idomeneo gestorben. Idamante eilt bestürzt davon, um am Strand alleine zu sein. Zurück bleibt äußerst wütend Elettra, die den Prinzen auch liebt und verhindern will, dass er Ilia heiratet. Jetzt trauert sie nicht um den totgeglaubten Idomeneo, sondern um ihre eigene Zukunft.

Verwandlung

Am Meer tobt ein heftiger Sturm, der das Schiff von Idomeneo am Anlegen hindert. Um den Meeresgott Poseidon zu besänftigen, verspricht der König, ihm das erste Lebewesen zu opfern, das er am Strand trifft. Daraufhin begegnet Idomeneo am Strand seinem Sohn Idamante. Es folgt eine Szene zwischen Vater und Sohn am Strand: Idamante ist hochbeglückt, als er seinen vermeintlich toten Vater lebend wiedersieht. Idomeneo ist entsetzt über das tragische Zusammentreffen und lässt Idamante eilig zurück. Dieser ist über den schroffen Vater tief betrübt und singt seine Arie „Den geliebten Vater finde und verliere ich im selben Augenblick“.


2. Akt

Idomeneo lässt sich von Arbace raten, seinen Sohn, der von allem nichts weiß, weit weg zu schicken, um ihn nicht opfern zu müssen. Zwar erkennt der König Ilias Liebe zu Idamante, dennoch schickt er diesen als Begleiter von Elettra auf das Schiff, das sie nach Hause führen soll, damit er dort von Poseidons Zorn verschont bleibt.

Verwandlung

Kurz vor Ablegen der Schiffe braust ein neuer Sturm auf, der die gesamte Flotte vernichtet, und ein schreckliches Ungeheurer entsteigt dem Meer. Der Meeresgott fordert seinen Tribut, und vergebens bietet sich ihm Idomeneo als Opfer dar, um seinen Sohn zu schonen.

3. Akt

Idamante verabschiedet sich von Ilia, da er in den Kampf gegen das Monster ziehen will, und die beiden gestehen sich endlich offen ihre Liebe. In ihrer Umarmung werden sie vom König und von Elettra ertappt, die erneut den Prinzen auffordern, Kreta zu verlassen.

Verwandlung

Vor dem Königspalast schildert der Oberpriester dem König die Schreckenstaten des Ungeheuers und bedrängt ihn, dem Volk nun endlich den Namen des Opfers zu verkünden. Idomeneo gibt nach und nennt den Namen seines Sohnes.

Verwandlung

Im Poseidontempel wird die Opferung vorbereitet: Idamante, der soeben das Ungeheuer besiegt hat, soll von seinem eigenen Vater getötet werden. Im letzten Moment will sich Ilia vor die Klinge werfen, um das Leben des Geliebten zu retten. In diesem Augenblick ertönt die Stimme des Orakels, das verkündet, Poseidons Zorn werde besänftigt, wenn Idomeneo die Krone an Idamante abgibt und Ilia Königin wird.


Musik

Idomeneo ist Mozarts große Choroper. Einerseits steht die Oper noch in der barocken Tradition der Opera seria mit ihren ausgedehnten Rezitativen und großen Affekten, andererseits brechen Mozart und sein Librettist Varesco diese traditionelle Form schon vielfach auf.

Für die Hauptpartie war der schon 66-jährige Publikumsliebling Anton Raaff vorgesehen, der außer virtuosen Läufen nicht mehr sehr viel zu bieten hatte. Mozart komponierte ihm daher viele „geschnittenen Nudeln“, wie er die Koloraturen selbst nannte. Seine Arien für die Figur der Ilia gehören zu den schönsten Eingebungen des Komponisten. Die Rolle des Idamantes ist ursprünglich für einen Kastraten komponiert, wurde später auch oft mit einem Tenor besetzt und heute meistens von einer Mezzosopranistin gesungen. Hinreißend ist das Liebesduett Ilia-Idamantes im 3. Akt, ebenso dramatisch das darauffolgende Quartett.

Beim Orakelspruch am Ende der Oper, der von einem Bassisten in Begleitung tiefer Blechbläser hinter der Bühne gesungen wird, offenbart sich noch einmal die große Opern-Geschicklichkeit Mozarts: Vom Librettisten ursprünglich als lange Rede gedacht, verkürzte der Komponist den Spruch auf einen Satz, mit dem Argument, die gespenstische Wirkung gehe verloren, wenn das Publikum zu lange Zeit hat, sich zu überlegen, woher diese Töne kommen.

Leopold Mozart warf seinem Sohn vor, für das Orchester zu schwer zu schreiben, tatsächlich ist schon die Ouvertüre sehr virtuos, in der Oper gibt es eine Arie mit konzertanten Holzbläsern (Nr. 11 Se il padre perdei). Wolfgang wusste aber, dass die Spannung einer Aufführung immer erhöht wird, wenn auch die Instrumentalisten gefordert werden. Überhaupt zeichnet sich die Partitur durch einen äußerst differenzierten und farbigen Orchestersatz aus.

Mozart schrieb zu "Idomeneo" auch eine prachtvolle Ballettmusik (KV 367).

Für eine geplante Wiederaufführung in Wien im Jahr 1786 schrieb Mozart für den Idamante - der nun mit einem Tenor statt einem Sopran besetzt werden sollte - die große konzertante Arie mit solistischer Violine Non temer, amato bene (KV 490). Das Liebesduett zwischen Ilia und Idamante S'io non moro ersetzte er durch das neugeschriebene Duett Spiegarti non poss'io (KV 489), welches das gleiche Ausgangsmotiv wie das ursprüngliche Duett verwendet, aber wesentlich kürzer ist. Die für Wien nachkomponierten Stücke sind zwar wunderbare Musik, fallen aber in ihrer reifen Abgeklärtheit stilistisch völlig aus dem Rahmen der sonstigen expressiven, feurigen "Idomeneo"-Musik. Interessanterweise verwendete Mozart den Text der nachkomponierten Arie Non temer auch noch für eine Konzertarie für Sopran, Klavier und Orchester (KV 505).


Entstehung

Den Zeitraum, in dem sich der Komponist mit seinem Idomeneo befasste, – also vom Spätherbst 1780 bis Frühjahr 1781 – bezeichnet sein Biograph Wolfgang Hildesheimer als eine der glücklichsten Perioden in Mozarts Leben überhaupt.

Im Sommer 1780 erhielt der vierundzwanzigjährige Mozart den Auftrag für den Münchner Karneval 1781 eine „große Oper“ zu verfassen. Die aufführungspraktischen Voraussetzungen in München waren denkbar gut: Als der Pfälzer Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz (1724– -1799) Ende 1778 von Mannheim nach München übergesiedelt war, hatte er Theatertruppe, Sängerensemble und Orchester gleich mitgebracht. Sowohl das Mannheimer Orchester, über das auch Mozart schon früher in einem Brief an Vater Leopold gestaunt hatte, als auch Karl Theodors Sängerensemble waren weltbekannt. Außerdem hatte Mozart mit dem Münchner Theaterintendanten Joseph Anton Graf Seeau (1713 –1799) bereits 1774/1775 für seine Opera buffa La finta giardiniera, seiner ersten Oper in München, erfolgreich zusammengearbeitet.

Das Libretto war die Umarbeitung einer französischen tragédie lyrique. Den Verfasser für die italienische Fassung des Libretto durfte Mozart selbst bestimmen. Die möglicherweise unglückliche Wahl fiel auf Abate Gianbattista Varesco (1736– -1805), Hofkaplan in Salzburg, der im Pipers als „kein ingeniöser Dramaturg, aber geschickter Versemacher“ charakterisiert wird. Der größte Teil der Rezitative wurde von Varesco aus dem Französischen übersetzt, während er die Arien und Ensembletexte sämtlich neu verfasste. Bei der Erstellung des Librettos war Varesco eng an einen bereits ausgearbeiteten Plan gebunden – möglicherweise mildert das seine Verantwortung für dramaturgische Schwächen. Dieser war, wahrscheinlich schon vor Mozarts Ankunft in München am 8. November 1780, während Mozart schon mit dem Komponieren beschäftigt war, schriftlich zwischen Graf Seeau und Vater Leopold, der den Sohn des Öfteren bei derlei Korrespondenzen vertrat, ausgehandelt worden. Das gemeinsame erste Szenarium umfasste sowohl inhaltlich, dramaturgische, als auch musikalische Richtlinien – etwa für den Aufbau des Stückes, die Folge der einzelnen Nummern, die Anzahl der Arien für jeden Sänger und die Länge einzelner Passagen in den Rezitativen. Weiterhin in Salzburg, konnte Leopold Mozart den Fortgang von Varescos Arbeit gut verfolgen und wohl auch mitbestimmen. Am 22. Dezember schreibt er an seinen Sohn:

„Du willst absolute 2 Recit: abgekürzt. Ich ließ den Varesco also gleich hohlen [...]. Wir lasen es hin, wir lasen es her“.

Nicht nur das Entstehen des Librettos in Salzburg, sondern auch die Durchführung der Komposition in München suchte Leopold väterlich mahnend mitzubestimmen:

„Ich empfehle dir Bey deiner Arbeit nicht einzig und allein für das musikalische, sondern auch für das ohnmusikalische Publikum zu denken, - du weist es sind 100 ohnwissende gegen 10 wahre Kenner, - vergiss also das so genannte populare nicht, das auch die langen Ohren kitzelt.“

Solcherlei gut gemeinte Ratschläge erscheinen noch harmlos und inwiefern Mozart die väterlichen Aufforderungen für den Idomeneo berücksichtigt hat, wird kaum zu beurteilen zu sein.

Mozarts Korrespondenz mit seinem Vater bezeugt, wie wenig überzeugt er von der dramaturgischen Güte des Buches war. Seine zahllosen Änderungen, Kürzungen und Umstellungen beweisen das musikdramatische Talent des erst 25-jährigen Komponisten, der die Oper zeitlebens als seine beste bezeichnete.


Rezeptionsgeschichte

Die Uraufführung der Oper war dennoch ein großer Erfolg, Kurfürst Karl Theodor soll zu Mozart gesagt haben: „Man sollte nicht meinen, dass in so einem kleinen Kopf so was Großes steckt“. Das Werk wurde bald in vielen deutschen Theatern gespielt, doch für seine Karriere beim Salzburger Hof half das dem Komponisten nicht.

Da die sperrige Hülle der Opera-seria-Konventionen leicht den Blick (und das Gehör) auf die grandiose Musik verstellt, verkannte die Nachwelt aber die Oper und Idomeneo war lange Zeit ein Geheimtip unter Opernfreunden. Wenn er doch gespielt wurde, dann meistens in radikalen Umarbeitungen, wie in der Fassung von Richard Strauss, in der nicht nur die Musik, sondern auch die Handlung völlig verändert ist.

In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts aber wuchs mit der Renaissance von Händel und anderen Barockopern das Verständnis für die Form der Opera seria und auch Idomeneo kam wieder zum verdienten Ruhm.


Diskographie

  • Idomeneo, dirigiert von Fritz Busch (1951) - Symposium
  • Idomeneo, dirigiert von Nikolaus Harnoncourt (1980) - Teldec
  • Idomeneo, dirigiert von James Levine (1982) - Pioneer Classic
  • Idomeneo, dirigiert von John Eliot Gardiner (1991) - Archiv
  • Idomeneo, dirigiert von Colin Davis (1991) - Philips
  • Idomeneo, dirigiert von James Levine (1996) - Deutsche Grammophon, mit Plácido Domingo in der Titelrolle
  • Idomeneo, dirigiert von Charles Mackerras (2001) - EMI
  • Idomeneo, dirigiert von Colin Davis (2002) - Opera d'Oro

Literatur

  • W. A. Mozart: Idomeneo. Zweisprachiges Textbuch. Reclam Universal-Bibliothek Nr. 9921, ISBN 3-15-009921-8
  • Stefan Kunze: Mozarts Opern. Philipp Reclam Junior Stuttgart, 1984, ISBN 3-15-010416-5
  • Attila Csampari/Dietmar Holland (Hrsg.): W.A. Mozart. Idomeneo. Texte, Materialien, Kommentare. Hamburg 1988
  • Wolfgang Willaschek: Idomeneo. Von der traditionellen Oper zum musikalischen Drama. In: Mozart Theater. Vom „Idomeneo“ bis zur „Zauberflöte“. Stuttgart 1996, S. 1-68
  • Daniel Heartz: Mozarts Idomeneo. Entstehung und erste Aufführungen. In: NMZ II/5/11, hrsg. von ders. Kassel 1971
  • Wolfgang Hildesheimer: Mozart. Frankfurt a. M. 1977
  • Kurt Kramer: Das Libretto zu Mozarts „Idomeneo“. Quellen und Umgestaltung der Fabel. In: W. A. Mozart: Idomeneo 1781-1981. Ausstellungskatalog der Bayerischen Staatsbibliothek 24. München 1981, S. 7-43

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Lexikon der Griechischen Mythologie

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