Dimitris Lyacos

Dimitris Lyacos (1966) ist ein zeitgenössischer griechischer Dichter und Dramatiker. Er wurde in Athen geboren, wo er auch aufwuchs und an der Universität Jura studierte. Von 1988 bis 1991 lebte er in Venedig, danach zog er nach London, wo er Philosophie an der UCL studierte und dreizehn Jahre seines Lebens verbrachte. Zur Zeit lebt er in Berlin.

Laufbahn

Im Jahr 1992 begann Lyacos eine Trilogie mit dem übergeordneten Titel „Poena Damni“ zu schreiben; der Titel bezieht sich auf die schlimmste Strafe der verdammten Seelen in der Hölle, nämlich daß sie Gott nicht schauen dürfen. Die Trilogie ist so aufgebaut, daß sie mit dem Schluß beginnt und von da aus zurück an den Anfang geht. Der dritte Teil erschien somit als erster („O protos thanatos“ – „Der erste Tod“), zuerst auf Griechisch, dann auch in englischer, spanischer und italienischer Übersetzung. Eine Ausgabe in deutscher Sprache ist zur Zeit in Vorbereitung. Der zweite Teil der Trilogie („Nyctivoe“) wurde 2001 auf Griechisch und Deutsch publiziert, 2005 dann auch auf Englisch. Verschiedene Künstler haben sich mit Lyacos’ Werk auseinandergesetzt: Die österreichische Malerin Sylvie Proidl etwa präsentierte eine Bildserie in Wien im Jahr 2002. 2004 wurde eine Installation von dem Bilderhauer Fritz Unegg und dem Regisseur Piers Burton-Page sowie ein Video über „Nyctivoe“ von Gudrun Bielz produziert. Die Myia Contemporary Dance Company wird im Frühjahr 2006 „Nyctivoe” in Athen aufführen.

Zusammenfassung/Inhalt

Die Trilogie scheint einem Kontext von tragischer Dichtung und epischem Drama anzugehören, obwohl der Stil gleichzeitig als ausgesprochen postmodern zu bezeichnen ist. Homer, Aischylos und Dante sowie die dunkleren Aspekte der romantischen Dichtung zusammen mit Elementen des Symbolismus und Expressionismus als auch religiösem und philosophischem Gedankengut durchdringen das Werk von Lyacos. Das erste der Stücke, „Z213: Exit“, schildert den Ausbruch eines jungen Mannes aus einer bewachten Stadt und seine Reise durch traumartige, manchmal auch albtraumartige Länder; im zweiten Buch, „Nyctivoe“, versucht ein von Dämonen besessener Mann die Leiche seiner Geliebten wiederzubeleben, woran er jedoch scheitert und schließlich selbst mit ihr im Grab vereint wird. Das dritte Buch, „Der erste Tod“, beginnt mit einem auf einer felsigen Insel ausgesetzten Mann und schildert in weiterer Folge dessen Überlebenskampf und den Zerfall seines Körpers sowie die Auflösung seines Gedächtnisses.

Überblick

Das Werk ist äußerst schwierig einzuordnen, da es die üblichen Genregrenzen übersteigt. Oftmals weist es eine narrative Form auf, indem Prosa und Dichtung vermischt werden, bewegt sich dann aber in „Nyctivoe“ hin zu einer dramatischen Repräsentation von Charakter und Situation und einer „harten“, lyrischen Dichtungsweise, um die Auflösung und schließlich die Apotheose des Leichnams in „Der erste Tod“ darzustellen. Die möglichen Unterschiede zwischen der wahrgenommenen und der tatsächlichen Außenwelt werden dabei ausgeschöpft; wir sehen den unregelmäßigen Fluß eines inneren Monologs, ein Ereignis in der Außenwelt oder sogar ein auf die denkenden und fühlenden Oberflächen des Verstands des Protagonisten widergespiegeltes Geschehen. Dennoch werden die Körper der Charaktere und der physische Kontext ihrer Leben in eindrucksvoller Dichtheit dargestellt. Jener Mann, der aus der Stadt in eine äußerst detailreiche, aber auch in gewisser Weise kafkaeske Welt entflieht, weist den Alltagscharakter eines Privatdetektivs in L.A. aus einem Krimi der 40er Jahre auf, der an der Schwelle zu einem außergewöhnlichen Abenteuer zu stehen scheint. „Nyctivoe“ beginnt mit jenem Mann aus dem Markus-Evangelium, der auf einem Friedhof, gequält von Dämonen, lebt und sich mit Steinen schneidet. Er sucht in der Erde nach dem Grab von Nyctivoe und projiziert in seinem dringenden Verlangen Leben in die Leiche, die er aus dem Grabmal gescharrt hat und deren Rückkehr zum Leben mit schrecklicher Materialität beschrieben wird. Das Grab wird zu einem „schönen und intimen Ort“ für Liebende, die sich noch umarmen können. Dem verstümmelten Körper, der am Beginn von „Der erste Tod“ gegen die Felsen geschlagen und dem ein eigener Platz verweigert wird, erleidet andauernd sowohl physische als auch psychische Erniedrigungen, wenn sogar der Mechanismus der Erinnerung durcheinandergebracht wird. Und trotzdem hält das Band zwischen Mensch und Körper, das das Leben sicherstellt, an und „an der nicht vorhandenen Stelle des Zusammenstoßes / und der Abhebung der Welt“ kommen die mechanischen Instinkte des Kosmos in Schwung und werfen diese nicht mehr reduzierbare Substanz wiederum in den grenzenlosen Raum – um solcherart vielleicht eine spätere Erneuerung zu veranlassen.

Bibliographie

  • Poena Damni O Protos Thanatos. Odos Panos. Athen. 1996.
  • Poena Damni The First Death. Englische Ausgabe. Übersetzt von Shorsha Sullivan. Shoestring Press. 2000.
  • Poena Damni Nyctivoe. Griechische - Deutsche Ausgabe. Übersetzt von Nina-Maria Jaklitsch. CTL Presse. Hamburg.2001.
  • Poena Damni Nyctivoe. Englische Ausgabe. Übersetzt von Shorsha Sullivan. Shoestring Press. 2005.

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