Scherbengericht

Aristeides Ostrakon

Ostraka (Quelle)

Das Scherbengericht (oder "Ostrakismos") war in der Athenischen Demokratie ein legales Verfahren, Bürger aus der städtischen Gemeinschaft zu verbannen. Es kam 487 v. Chr. zur ersten und 417 v. Chr. zur letzten Anwendung. Das zugrundeliegende Gesetz wurde möglicherweise schon unter Kleisthenes 507 v. Chr. erlassen, eine formale Aufhebung gab es nie.

Das Wort Scherbengericht stammt vom griechischen Wort ostrakon (οστρακον, Tonscherbe). Im Januar eines jeden Jahres vollzog die Volksversammlung eine Abstimmung, ob ein Scherbengericht durchgeführt werden soll. War dieser Entscheid positiv, so wurde für einen anderen Tag eine neue Versammlung anberaumt. Bei dieser wurde schließlich darüber abgestimmt, wer verbannt werden solle. Irgendwie muss die Zahl 6000 dabei eine Rolle gespielt haben, es ist in der Forschung jedoch umstritten, ob diese Zahl als Quorum oder als Mindestanzahl der Stimmen gegen einen einzelnen Kandidaten zu begreifen ist. Die Abstimmung erfolgte in Form von auf Tonscherben geschriebenen Namen. Der meist Genannte (jedes Jahr konnte nur ein Einziger verbannt werden) musste innerhalb von zehn Tagen für zehn Jahre in die Verbannung gehen mit der Androhung der Todesstrafe im Fall der vorzeitigen Rückkehr. Der Bürger verlor zwar das Recht, während seiner Abwesenheit an öffentlichen Angelegenheiten mitzuwirken, sein Eigentum wurde aber nicht beschlagnahmt, und er konnte auch einen Verwalter zum Erledigen seiner Geschäfte beauftragen. Ebenso wenig verlor er seine bürgerlichen Ehrenrechte, wodurch sich das Scherbengericht auch symbolisch von einem gewöhnlichen Gerichtsverfahren und einer ordentlichen Verurteilung abgrenzte.

Die Ostrakisierung erfolgte auch nicht aufgrund definierter Vergehen, sondern aus Furcht der Athener vor zu großer politischer Macht des Verbannten. Vermutlich wurde das Gesetz zur Verhinderung einer neuen Tyrannis erlassen. Personen, von denen man fürchtete, sie könnten ihr großes Machtpotential nutzen, um den Staat zu schädigen oder die verfassungsgemäße Ordnung umzustürzen, konnte man sich mit Hilfe des Scherbengerichts auf elegante Weise entledigen, ohne dass man ihnen einen Umsturzversuch nachweisen musste (was ja in der Regel nicht möglich war).

Obwohl das wohlaustarierte Gesetz Manipulationen zu verhindern suchte und deshalb zum Beispiel vorschrieb, dass in den entsprechenden Versammlungen nicht gesprochen und diskutiert werden darf, um die Gefahr der Demagogie zu verhindern, ist es dennoch öfters zu Missbrauch gekommen. So wurde oft nur der Zweitmächtigste Bürger verbannt, gegen den der mächtigste gehetzt hatte, um sich seines Rivalen zu entledigen. Wahrscheinlich aufgrund solcher Missbräuche ist das Scherbengericht nach 417 v. Chr. nicht mehr durchgeführt worden, obgleich weiterhin zu Beginn eines jeden Jahres formal vom Volk abgestimmt wurde, ob eines durchzuführen sei.

Gelegentlich verabschiedete die Demokratie besondere Gesetze, um durch das Scherbengericht Verurteilten zurück zu rufen. So kehrte Aristeides nach Athen zurück, als man ihn während der Perserkriege um Hilfe bat; er unterstützte den Staat bei der Schlacht von Salamis.

20 Ostrakismen sind bekannt, davon 10 genauer, darunter:

Aristeides von Athen, um 480

Kimon, um 460

Themistokles : Hier ist die Quellenlage zu ungenau; sicher ist nur, dass er mehrfach Ostrakismen überstanden hat.

Insgesamt sind in Athen bei Ausgrabungen etwa 11000 Ostrakismos-Scherben gefunden worden.

Von "http://de.wikipedia.org/"
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