Iphigenie auf Tauris

Iphigenie auf Tauris ist ein klassisches Drama von Johann Wolfgang von Goethe (1786). Das Werk ist am antiken Vorbild "Iphigenie bei den Taurern" von Euripides orientiert, welches 416 v. Chr. entstand.

Kurzzusammenfassung

Vorgeschichte

Iphigenie ist Teil der Tantalidensage in der griechischen Mythologie. Auf ihrer Familie, dem Haus der Atriden, lastet ein Fluch. Als ihr Vater Agamemnon günstige Winde benötigt hatte, war von ihm verlangt worden, Iphigenie zu opfern. Diese war jedoch in letzter Minute von der Göttin Diana (griechisch Artemis) gerettet worden und seither Priesterin ihres Tempels auf Tauris (d.i. der Krim).

1. Aufzug

Iphigenie ist nicht glücklich, und an den Ufern steh ich lange Tage, das Land der Griechen mit der Seele suchend. Doch fühlt sie sich auch in der Pflicht und hat mäßigenden Einfluss auf den rauen doch edlen König Thoas, welcher ihr einen Heiratsantrag stellt, den Iphigenie jedoch ablehnt. Darauf droht Thoas mit der Wiedereinführung des Menschenopfers.

2. Aufzug

Die beiden (für Iphigenie vorerst unbekannten) Griechen Orest und Pylades kommen auf Grund eines zweideutigen Orakels nach Tauris, um das Bild der Göttin aus dem Tempel zu entführen, werden gefangen und sollen geopfert werden. Da sie Griechen sind, verstärken sie die Sehnsucht Iphigenies nach Griechenland.

3. Aufzug

Als sich Orest und Iphigenie einander zu erkennen geben, bedeutet das für Iphigenie einen großen inneren Konflikt. Einerseits sollte sie dem König gehorchen und ihm im Amt der Priesterin dienen, andererseits würde Iphigenies Brudermord an Orest den bestehenden Fluch bestätigen. Der niedergeschlagene Orest sieht bereits keinen Ausweg mehr aus der Situation und fordert von Iphigenie, ihn als Vollstreckerin ihres Amtes als Priesterin töten zu lassen.

4. Aufzug

Der listige und kühne Pylades plant die Flucht mit Orest und Iphigenie. Teil dieses Plans ist, dass Iphigenie Arkas, (den Boten des Königs), und Thoas belügen soll. Dies fällt ihr schwer: Einerseits sehnt sie sich fort, andererseits müsste sie den redlichen Thoas betrügen.

5. Aufzug

Iphigenie beschließt, Thoas alles zu eröffnen. Dieser lässt sie alle gehen. Orest erkennt, dass er Iphigenie und nicht das Standbild der Göttin aus dem Tempel hätte mit sich nehmen sollen...

Charakterisierung der Hauptfigur

Iphigenie wird als idealer Mensch charakterisiert. Frömmigkeit, Verantwortungsbewusstsein und der gute Wille werden ihr von niemandem abgesprochen. Sie bringt es nicht einmal über sich, König Thoas zu belügen, um fliehen zu können.

Merkmale des klassischen Dramas in der "Iphigenie auf Tauris"

Harmonie

Die goethische Klassik hält an der Forderung des „Sturm und Drang“ nach der Entwicklung zu harmonischer Individualität fest. Dies setzt voraus, dass der Mensch seine Einordnung anerkennt, und dass andrerseits der Einzelne in der Ordnung nicht unterdrückt werden darf und individuelle Freiheit suchen und gewährt erhalten darf. Vermittelt werden die auseinander strebenden Prinzipien durch das „Maß“, und dieses Maß ist je und je individuell. Iphigenie respektiert ihre gesellschaftliche Verantwortung, denn auch in diesem 'barbarischen' Nordland ist sie keine „Gefangene“, aber ihre Fahrt in die Freiheit ist desgleichen legitim. Sie muss und kann ihren Weg suchen, was wiederum auch Thoas zwingt, sich der gleichen Herausforderung zu stellen. Indem sie ihm den Plan des Pylades verrät, macht sie auch ihn frei, Nein oder Ja zu sagen.

Humanität

Wenn der Mensch nach diesem Ideal lebt, so spricht man von doppelter Harmonie. Die Humanität zeigt sich im Streben nach ihr. Voraussetzung ist hier eine Verbindbarkeit von „Pflicht“ und „Neigung“ (Vernunft und Gefühl), die keine Menschenopfer kostet.

Zur Thematik bei Goethe

Das Stück wählt zwar einen antiken Stoff, gibt jedoch mit seiner Problematik ein seelisch sehr realistisches und zeitnahes Bild eines Problems seines Verfassers wieder. Goethe war Staatsminister (svw. ein heutiger Ministerpräsident) in Sachsen-Weimar, genoss das Vertrauen des Herzogs, leistete tüchtige Arbeit, entfernte sich aber immer mehr von seinem Dichterberuf. Sein heimlicher und jäher Ausbruch und Aufbruch, seine "[[Italienische Reise]]", bezeugt dies. Selbst das der Iphigenie (in vortrefflich nachempfundenem antiken Geist) in den Mund gelegte berühmte "Parzenlied" (Es fürchte die Götter das Menschengeschlecht. Sie halten die Herrschaft in ewigen Händen und können sie wenden, wie's ihnen gefällt ...) kann ebensowohl als Gleichnis des Lebens an einem Fürstenhof verstanden werden ( Der fürchte sie doppelt, den je sie erheben ...).

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